Neues aus der Sphäre des Irrsinns

Das menschliche Vorstellungsvermögen ist ein komplexes, widersprüchliches Phänomen. Es gibt zwar Anzeichen dafür, dass einige Tierarten auch gewisse Fähigkeiten zu abstrakten Vorstellungen haben, aber die Fantasie, die wir Menschen besitzen, hebt uns stark von ihnen ab.

Religiöse Vorstellungen – eine weitere Eigenschaft, die andere Tiere nicht in diesem Ausmaß besitzen – können Menschen in diesem Bereich große Streiche spielen und sie zu wirklich seltsamen Aussagen verleiten.

Wenn man sich die Realität nicht vorstellen kann

Der Ökumeniker Wolfgang Thönissen informiert uns: Waffen segnen und einen Angriffskrieg unterstützen, kann ich beim besten Willen nicht für eine mögliche christliche Position halten. Er meint also, trotz aktiver Anstrengungen sei es ihm nicht möglich, sich vorzustellen, dass Berufschristen diese Positionen hätten und danach handeln könnten. Das ist eine beeindruckende Bewerbung für die kein wahrer Schotte-Weltmeisterschaften.

(Was er sich nicht nur vorstellen kann, sondern woran er ganz fest glaubt, wissen wir auch: Biologisch, physikalisch, geologisch, chemisch, historisch und logisch unmögliche, fiktive Ereignisse und Eigenschaften eines unsichtbaren Wesens, das in seiner Allmacht nur eines nicht kann: Mit der Welt interagieren.)

Eine wirklich bizarre Denkblockade in seinem Kopf, weil das nicht nur leicht vorstellbar, sondern bestens belegt ist. Waffen segnen christliche Pfarrer aller Konfessionen in allen Kriegen auf allen Seiten. Auch heute. Sie beten für den Erfolg des Angriffskrieges, stellen den Soldaten der eigenen Seite die Vergebung aller Sünden in Aussicht, sprechen von heiligen Kriegen und nennen die andere Seite dämonisch und Antichrist.

Viele dieser Beispiele kommen nicht aus dem katholischen Realitätsverzerrungsfeld, sondern von anderen Abspaltungen von Abspaltungen. Und gerade ein Ökumeniker hat seinen Beruf verfehlt, wenn er das nicht weiß.

Menschen, die an komplett unbelegte und implausible Fantasiegebilde fest glauben, aber das, was offensichtlich wahr ist, sich nicht einmal vorstellen können: Es ist schwer, diese kognitiven Defizite ohne den Einfluss einer Religion zu entwickeln. Ohne die Ausrede Religion wären solche Menschen ein Fall für die Psychiatrie.

Religion: Ursächlich für Frieden?

Mit politischer Macht verbrüderte Staatskirchen sind einerseits anfällig für schädliche Einflüsse der Politik, andererseits aber auch Stichwortgeber und Apologeten für Gewalt und Ausgrenzung. Religion war sehr häufig primäre oder sekundäre Ursache von Kriegen. Sie hilft, Menschen zu anderen zu erklären und sie damit zu legitimen Zielen der eigenen Waffen zu machen.

Jene, die das nicht verstehen, weil sie noch nicht einmal erkannt haben, dass ihre komplexen und in sich widersprüchlichen Lehren alles und sein Gegenteil belegen können, sitzen in Führungspositionen ihrer religiösen Gruppen. So entstehen Schlagzeilen wie Indonesien setzt auf Religionen zur Lösung von Konflikten. Als ob das jemals funktioniert hätte.

Aus dem Artikel: Religiöse Führer sollten den Glauben zu einer Quelle für den Weltfrieden machen. Sie hatten die letzten zweitausend Jahre dafür. Eine bizarre Mischung aus Selbstüberschätzung und Verleugnung der eigenen Geschichte.

Zu den eingeladenen Organisationen gehörten die katholische Kirche, die anglikanische Kirche, die World Evangelical Alliance, die World Muslim League und zur Überraschung von Beobachtern auch die militante, hindu-nationalistische und paramilitärische “Rashtriya Swayamsevak Sangh” (RSS). Die RSS ist treibende Kraft von Hass und Gewalt gegen Muslime wie Christen im mehrheitlich hinduistischen Indien.

Die Evangelikalen arbeiten gerade in den USA daran, die Demokratie abzuschaffen. Die Kriminalgeschichte der katholischen Kirche ist ausführlich dokumentiert. Die muslimische Welt sollte in den nächsten Jahrzehnten glaubwürdig und aktiv daran arbeiten, ihre gewalttätigen Elemente zu besänftigen, bis dahin ist sie als Friedensbotschafter nicht wirklich glaubwürdig. Die paramilitärischen Hindu-Nationalisten nennt schon der Artikel.

Insgesamt also eine Verbindung zweifelhafter Gruppen, denen wir nicht wirklich zutrauen, Frieden zu stiften. Viel zu tief sind die frei erfundenen und fanatisch geglaubten Gräben zwischen ihnen. Nein, sie warten im Hintergrund, beten PR-wirksam, und wenn es dann soweit ist, heften sie sich alle positiven Ergebnisse auf die Fahnen. Alles Gute kommt ja vom eigenen Gott, alles Schlechte von bösen Menschen.

Der König des Glashauses

Wenn absurde Aussagen von Theologen und Aktionen von Gruppen mit bizarr verzerrter Selbstwahrnehmung in den christlichen Medien erscheinen, kann der Chef-Unterhalter sich auch nicht lumpen lassen.

Papst Franziskus weilt mit hochrangigen Religionsführern in Bahrain (Monarchie mit Staatreligion und Scharia-Gesetzgebung). Er nutzt sein Privileg, um verbal für Menschenrechte und Gleichberechtigung einzutreten – Normalbürgern, die dort das Gleiche fordern, droht wohl Gefängnis, vielleicht auch Folter oder der Tod.

Papst Franziskus appelliert in Bahrain weiter für die Einhaltung der Menschenrechte. Vor hochrangigen Religionsvertretern mahnte er am Freitag dabei auch die Anerkennung der Frau „in der Bildung, bei der Arbeit, bei der Ausübung ihrer sozialen und politischen Rechte“ an.

Als absolutistischer Herrscher im Vatikan könnte er natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Die Europäische Menschenrechtskonvention wartet noch auf die Ratifizierung durch den Vatikan (und Belarus). Und die Anerkennung der Frau bei der Arbeit ist eine langjährige Forderung sogar innerhalb jener Kirche, die die Priesterweihe ans Vorhandensein eines Penisses knüpft.

Aber nein, so läuft das nicht. Religionsvertreter wollen immer nur anderen vorschreiben, was die tun sollen – für sich selbst gelten ganz andere Regeln.

Menschen und Organisationen, die an einer realitätskonformen Wahrnehmung der Welt und ihrer eigenen Positionen scheitern, demonstrieren immer wieder, wieso wir sie in der modernen demokratischen Gesellschaft nicht brauchen. Sie sind genau diejenigen, die ihren Untergang am stärksten betreiben. Wir AtheistInnen schauen amüsiert zu und bieten unsere Unterstützung an. Die Aussagen zu Ende denken reicht schon.

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