Dümmster Anzunehmender Glaubensunfall

Die Glaubenskongregation im Vatikan, Nachfolgebehörde der Inquisition, hat die Grundfeste des Katholizismus stärker erschüttert als es etwa Martin Luther oder irgendwelche AtheistInnen jemals getan haben. Wie? Sie hat tausende katholische Taufen nachträglich für ungültig erklärt und damit den Status der meisten Katholiken in einen unsicheren Schwebezustand verwandelt.

Das hört sich dramatisch an, aber dies ist der offizielle katholische Standpunkt, zu Ende gedacht.

Wegen falscher Formel: Tausende Taufen ungültig

So betitelt katholisch.de einen Artikel, und setzt fort: Womöglich sind Tausende von Menschen im US-Bistum Phoenix gar keine getauften Christen: Wie nun bekannt wurde, verwendete ein Priester seit 2005 die falschen Worte bei der Taufe.

2020 wurde eine Anfrage an die Glaubenskongregation im Vatikan gestellt, die die Frage stellte, ob durch die Formel Wir taufen dich… eine gültige Taufe zustandekommt, und ob jene, die mit dieser Formel getauft wurden, die Taufe wiederholen müssten. Die Antworten waren: Nein, die Taufe ist nicht gültig, und ja, sie muss wiederholt werden. Seither stellen immer wieder Katholiken bei der Durchsicht ihrer Tauf-Videos (soweit vorhanden) fest, dass nicht die einzig richtige Formel (Ich taufe dich…) verwendet wurde und ihre Taufe jetzt ungültig ist.

Das hat zwar nicht in der Wirklichkeit, aber in der Vorstellung der Katholiken gravierende Konsequenzen. Bereits im Oktober 2020 berichtete der Friendly Atheist über den ersten bekannt gewordenen Priester, der feststellen musste, dass seine eigene Taufe ungültig war. Daraus folgt natürlich: Er war kein Katholik, seine Priesterweihe ungültig, alle Sakramente, die er gespendet hat, ebenso. Einige dieser Sakramente lassen sich nachholen: Eine Taufe, eine kirchliche Hochzeit und so weiter. Aber die Sterbesakramente, die im Bestrafungssystem der katholischen Mythologie eine Besserbehandlung garantieren sollen, sind nicht wiederholbar.

Jetzt gibt es den zweiten Fall in den USA. Das Bistum ruft alle Gläubigen auf, sich zu melden, damit das Ausmaß des Problems festgestellt werden kann. Da der Pfarrer erst seit 2005 den falschen Zauberspruch verwendet haben soll, sind seine Opfer noch nicht alt genug, um bereits geweihte Priester zu sein, der Schaden hält sich also in Grenzen. Aber auch da könnte es Fälle geben, in denen jemand ohne gültige Taufe jung gestorben ist – für ihre katholische Familie hält das toxische Glaubenssystem eine ordentliche Traumatisierung bereit, und es kann nichts mehr für sie tun. Wer leichtgläubig genug ist und es mit der Wahrheit nicht so ernst nimmt, kann aber zu den Mormonen übertreten: Die kennen eine nachträgliche Taufe auch von Verstorbenen. (Es ist natürlich am besten, sich von Religionen generell fernzuhalten. Selten offenbaren sie ihre für die eigenen Gläubigen schädlichen Eigenschaften besser als hier.)

Wiedertaufe nur ganz vorsichtig!

Als normal denkender Mensch wäre man ja geneigt anzunehmen, dass das Ganze mit einer neuen Taufe behoben werden kann, wenn man schon Wert auf Zauberrituale legt. Aber da muss man sehr gut aufpassen. Eine Wiedertaufe ist in der katholischen (und auch der evangelischen Kirche) bei Strafe untersagt. Es gibt aber ein Schlupfloch, nämlich den richtigen Zauberspruch. Wikipedia erklärt dankenswerterweise:

Die Konditionaltaufe wird mit den Worten eingeleitet: Unter der Bedingung, dass du nicht gültig getauft bist, taufe ich dich …. So wird die als streng verboten angesehene Wiedertaufe vermieden.

Ein unnötiges Eigentor

Andere, sich als bibeltreu bezeichnende Marken des Christentums haben keine verpflichtende Taufformel, sondern zielen auf die Absicht der zu taufenden Person ab. Der katholische Kontrollwahn führt aber zu einer so strengen Regelung – biblisch lässt sich wohl, wie meistens, jede Position und ihr Gegenteil hervorragend belegen.

Es wäre den Nachfolgern der Inquisition wohl auch irgendwie möglich gewesen, vergangene Verwendungen der minimal abgewandelten Taufformel als gültig zu erklären, solange die anderen Formvorschriften (minimal verschmutztes H2O, geweihter katholischer Priester männlichen Geschlechts, …) erfüllt waren und nur darauf hinzuweisen, dass man bitte zukünftig aufpassen möge. Aber so funktioniert Kirchenrecht nicht. Der Allmächtige und Allwissende passt sehr genau auf, ob in hunderten Sprachen zwar, aber immer nur im Singular getauft wird.

Was bleibt, sind Zweifel, die über sehr viele Taufen in der katholischen Kirche schweben. Mit der steigenden Aufmerksamkeit für das Thema werden wir wohl immer mehr Verzweiflung und hektische baptismae sub conditionae sehen. Eine Kirche demontiert sich selbst durch ihre nicht gut durchdachte Dogmatik.

Noch eine Frage, die sich insbesondere dort stellt, wo die katholische Kirche Pflichtbeiträge einhebt: Begründet eine ungültige Taufe bereits die katholische Kirchensteuerpflicht?

Und ist der Papst katholisch? Wir wissen es nicht.

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