You: 5 schlechte Argumente für den Glauben

Das katholische Jugendmagazin YOU hat einen kurzen Artikel mit 5 Argumenten für den Glauben publiziert. Wer ist YOU überhaupt, und sind es brauchbare Argumente?

Das Magazin ist mit der Themenauswahl und der Aufmachung offensichtlich an Jugendliche gerichtet. Es gibt eine Print-Version und den Online-Auftritt, wo das Printmedium abonniert oder online gelesen werden kann, zusätzlich gibt blog-artige Artikel auf der Homepage.

Herausgeber ist ein YOU! Verein: Jugendverein für christlich/katholische Werte. An der Adresse ist sonst die Katholische Hochschulgemeinde zu finden. Das Magazin versucht, das Römisch-Katholische eher im Hintergrund zu halten, und allgemein christlich zu wirken – die MacherInnen werden schon wissen, warum. So gibt es zum Beispiel ein Interview mit einer Influencerin, die sich mit 16 bewusst taufen hat lassen. Für so etwas hat die katholische Kirche vor einigen hundert Jahren noch Morde verübt – das thematisiert die Interviewerin aber überhaupt nicht.

Also, was sind die 5 Argumente für den Glauben?

Wir wollen dir hier 5 Argumente geben, die du selber reflektieren oder in einer Diskussion mit anderen zum Überlegen bringen kannst.

… beginnt der Artikel. Ich schätze mal, dass jene, die darüber wirklich reflektieren, sich davor hüten werden, diese Argumente in einer Diskussion zu bringen.

1. Ist es wahr oder nicht?

Der eigentliche Grund, an Gott zu glauben, ist nicht, weil es mir dann besser geht oder weil ich dann „ein besserer Mensch“ bin. Letztlich geht’s einfach darum, ob es wahr ist oder nicht. Wenn die Sache mit Gott nicht wahr ist, dann bitte tu’s nicht. Wenn es aber wahr ist, dass Gott hinter allen Dingen steht, dann ist es unvernünftig, so zu leben, als würde es Gott nicht geben.

Sehr vernünftig. Hier würden wir jetzt auf einer christlichen Webseite erwarten, Argumente für die Wahrheit der Erzählung über die GöttInnen der römisch-katholischen Mythologie zu lesen. Aber das passiert nicht.

Wahr ist etwas, dessen Wahr-Sein gezeigt, erklärt, argumentiert, belegt werden kann. Reine Behauptungen ohne diese Elemente können nicht einmal den Anspruch auf Wahrheit erheben.

Das ist also nur für jene ein Argument, die keine Argumente mehr brauchen.

2. Ohne Gott gibt's keinen Sinn

Es gibt nur 2 Alternativen: Entweder steht hinter unserem Sein ein Schöpfer, der sich etwas dabei gedacht hat, oder es ist alles reiner Zufall. Aus Zufall gibt es aber keinen Sinn, denn Sinn ist kommt genau daraus, dass es einen Plan und ein Ziel von einer Sache gibt. Niemand kann aber leugnen, dass es so etwas wie Sinn in unserer Welt gibt.

Sehr unvernünftig. Das sind nicht die einzigen Alternativen. Die Entstehung unseres Planeten und die Entwicklung von den Einzellern zum Homo Sapiens sind sehr gut untersucht. Die aktuell offenen Fragen sind tatsächlich nur mehr, wie es zur Singularität, aus dem unser Universum hervorgegangen ist, gekommen ist, und welche von den verschiedenen gut untersuchten Vorgängen konkret zur Entwicklung von organischen Molekülen, Ribonukleinsäuren und DNS, also den Komponenten des Lebens, geführt haben.

Dem steht ein Schöpfungsmythos entgegen, dessen überprüfbare Aspekte allesamt widerlegt sind. Dass der Rest der Erzählung aus jener Quelle, die permanent an der Beschreibung der Realität scheitert, richtig sein könnte, ist eine absurde Annahme.

Wer die Entwicklung zum Menschen als reiner Zufall bezeichnet, hat Zufall und Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht verstanden. Dass die Evolution langfristig besser an ihre Umgebung angepasste Spezies hervorbringt, ist das genaue Gegenteil von Zufall. Es ist wahrscheinlicher, dass besser angepasste Individuen sich fortpflanzen können, somit tritt die Entwicklung in einer ausreichend großen Population zwangsläufig auf.

Die falsche Dichotomie (die Lüge, dass es nur diese beiden Möglichkeiten gibt) können wir also auflösen. Bei entsprechenden Bedingungen, auf einem Planeten eines stabilen Sterns in einer halbwegs stabilen Umlaufbahn und mit den geeigneten Voraussetzungen entwickelt sich irgendwann Leben. Dieses Leben hat dann das Potenzial, eine intelligente Spezies (ohne das über alle Individuen der Spezies Homo Sapiens behaupten zu wollen) hervorzubringen. Weder Schöpfer noch reiner Zufall sind notwendig, beide Erklärungen sind falsch und es ist dumm, sie als einzige Alternativen zu betrachten.

Damit ergibt der Wortsalat nach dieser falschen Prämisse auch keinen Sinn.

Wenn religiöse Menschen versuchen, mit dem Sinn zu argumentieren, hüten sie sich davor, ihn zu definieren. Die Bedeutung, die sie versuchen anzudeuten, nämlich ein übergreifender, von außen vorgegebener Sinn fürs ganze Leben ist keine sinnvolle Vorstellung – und auch keine attraktive. Konkrete Handlungen können Sinn ergeben, man kann – aber muss nicht – für eine Lebensphase einen Sinn für sich suchen, oder sich auch für einen eigenen Lebenssinn entscheiden. Aber es ist immer eine eigene Entscheidung, schließlich gibt es keinen Gott, der wahrnehmbar mit Menschen kommunizieren würde.

Also Sinn gibt es, komplett unabhängig von GöttInnen. Sätze können schon Sinn ergeben – aber nicht zwangsläufig, wie zum Beispiel dieses Argument von YOU. Die Prämisse ist falsch, somit kann Sinn kein zwingendes Argument für Gott sein.

3. Glauben ist eine Antwort

Glauben ist nicht ein Lifestyle, etwas, das ich mir aussuche oder ich erfinde. Glauben ist eine Antwort auf etwas, was ich vorfinde. Ich finde mich vor – als Mensch auf dieser Welt – ich habe mir das Leben nicht selbst gegeben. Glauben ist einfach die Antwort, wenn ich erfahre, dass ich existiere, weil ich von diesem Gott geliebt bin.

In Punkt 1 wurde richtigerweise vorgeschlagen, nur an Gott zu glauben, wenn es ihn gibt. Die Argumentation können wir hier schrittweise durchgehen. Eine vereinfachte Version von cogito ergo sum (ich denke, also bin ich), in Ordnung. Wir existieren. Wir haben uns das Leben auch nicht selbst gegeben, das haben unsere Eltern für uns übernommen. Der letzte Satz ist aber kein Argument, sondern wieder eine Behauptung, und wie die anderen Behauptungen, in denen Gott vorkommt, falsch. Insgesamt gesehen beschreibt dieser Absatz also, dass Glauben die Folge einer Falschdarstellung ist – eloquent beschrieben, YOU-Magazin!

Wenn es so wäre, dass man existiert, weil man von diesem Gott geliebt ist, dann wäre die Argumentation sinnvoll. Aber das ist ja genau nicht der Fall. Wir existieren, weil unsere Eltern uns gezeugt und großgezogen haben. Dieses Argument ist so hanebüchen, es verwundert wirklich, dass es den anonymen AutorInnen nicht peinlich ist, so etwas hinzuschreiben. Wen wollen sie damit überzeugen? Ist der römisch-katholische Glaube nur für dumme Menschen geeignet?

4. Glauben ist vertrauen

Glauben heißt nicht deswegen glauben, weil man es nicht beweisen kann. Sondern weil es ein „Ich glaube dir“ ist. Glauben ist eine Beziehung zu einer Person, zu Gott, den ich immer mehr kennenlernen kann. Und je mehr ich ihn kennenlerne, desto mehr lerne ich zu glauben, weil ich die Erfahrung mache, dass ich ihm vertrauen kann.

Doch, Glauben bezieht sich auf Dinge, die man (im Moment oder auch länger) nicht beweisen kann. Auch im Kontext Ich glaube dir. Sonst heißt es Ich weiß.

Gott, den ich immer mehr kennenlernen kann – das wiederum kann man nur glauben, nicht beweisen. Viele, viele gläubige Menschen haben ihren im Kindesalter indoktrinierten Glauben genau deswegen verloren, weil sie gemerkt haben, dass dieser erfundene Gott nicht antwortet und somit auch nicht dem Kennenlernen zugänglich ist.

Kein religiöser Mensch, der der Lüge aufsitzt, dass man durch Gebet immer bekommt, was man möchte (Mark 11:24), kann dieses Vertrauen ernsthaft aufbauen. Die Gottesvorstellung hilft im Alltagsleben so wenig, dass ein empfundenes Vertrauen einer psychischen Störung gleichkommt.

5. Man kann’s erfahren

Man könnte auch von der Existenz Gottes überzeugt sein, ohne dass man sein Leben nach ihm ausrichtet. Erst wenn man die Erfahrung gemacht hat, dass Gott mich in meinem Herzen wirklich erfüllt, werde ich das tun. Wer mit Gott zu leben beginnt, macht aber die Erfahrung, dass Gott Ängste und Schuldgefühle wegnimmt und dass er echte Freude und inneren Frieden schenkt.

Hallo, habt ihr den Anfang gelesen? Man soll nur glauben, wenn es wahr ist. So schnell vergesst ihr?

Um mit Gott zu leben zu beginnen, muss man schon sehr fest daran glauben. Ähnlich fest, wie die AnhängerInnen anderer GöttInnen an die ihren glauben. Was jeden Exklusivitätsanspruch, ein wesentliches Merkmal der christlichen Götter-Erzählung, widerlegt.

Man muss sehr stark indoktriniert sein, um sich im Herzen wirklich erfüllt zu fühlen, die Erfahrung zu machen, dass GöttInnen echte Freude schenken. Die meisten Religionen sind ja nicht dafür förderlich, Freude zu empfinden, im Gegenteil. Die Realität der römisch-katholischen Religionsausübung sind fade Gottesdienste mit unmotivierten Priestern in leeren Kirchen und Einschränkungen der persönlicher Freiheit. Wer mag, soll das gerne machen, aber für die Mehrheit ist das nichts.

Argument 5 argumentiert schon gar nicht mehr für den Glauben. Es geht davon aus, dass man diesen Glauben hat, und macht falsche Versprechungen für diese Situation.

Insgesamt ein sehr schwacher Artikel. Die Argumente sind zwar nicht nur die, die man immer wieder hört, dafür aber auch schlecht durchdacht und vorgebracht. Es ist eine absurde Vorstellung der RedakteurInnen, damit Jugendliche erreichen und zum Glauben bekehren zu können. Eine Minderheit der Jugendlichen ist noch gläubig, die werden die Argumente aber auch großteils nicht nachvollziehen können; die Mehrheit interessiert sich wiederum nicht für so abstrakte und leicht widerlegte Argumente in einer Zeitschrift, die so offensichtlich monothematisch und missionierend wirkt.

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