Die Nonnen und die Sekte

Drei Nonnen beschäftigen seit einigen Wochen die Öffentlichkeit, auch über die Grenzen Österreichs hinaus. Sie sagen, dass sie gegen ihren Willen in ein Altersheim gebracht wurden. Nach zwei Jahren sind sie ihr altes Kloster wieder zurückgekehrt und leben jetzt dort. Ihr übergeordneter katholischer Orden und andere Organe der Kirche behaupten, die Nonnen seien widerrechtlich am Gelände und drohen mit Konsequenzen. Wie üblich können wir von außen nicht sagen, wer Recht hat; im Fall der katholischen Kirche ist die Grundannahme, dass alle zumindest teilweise falsch liegen, gut belegt. Mit ihren Äußerungen demonstrieren beide Seiten, dass sie in einer eigenen Vorstellungswelt leben, die nicht viel mit der Realität zu tun hat. Darum, wer Recht hat, soll es hier aber nicht gehen.

Interessanter ist die Frage, ob dieses ganze Ordenswesen der katholischen Kirche nicht vielleicht so etwas wie eine Sekte, eine für die Betroffenen und die Gesellschaft schädliche religiöse Organisationsform ist. Wenn ja, sollte eine Demokratie dagegen vorgehen.

Was ist eigentlich eine Sekte?

Die Bundesstelle für Sektenfragen vermeidet, eine Definition zu geben und verwendet nach eigenen Angaben den Begriff (für den er vom Staat eingerichtet wurde) nicht. Wikipedia erklärt, dass Sekte ursprünglich eine Abspaltung von einer Religionsgesellschaft bedeutet hat, heute aber aus einem neutralen zu einem abwertenden Begriff geworden ist. Im deutschen Sprachraum sage man heute lieber religiöse Sondergemeinschaft oder neu(e )religiöse Bewegung.

Der Ausdruck neureligiös, den z. B. der Secta-Podcast verwendet, lenkt berechtigte Kritik von alten religiösen Organisationen geschickt ab. Wir brauchen also etwas Präziseres.

Der englische Begriff https://en.wikipedia.org/wiki/Cult hat ähnlich wie Sekte keine genaue Definition und auch dort den abwertenden Beigeschmack.

Nützlicher sind Ausdrücke wie high control religion oder Hochkontrollgruppe.

Namen und Definitionen sind eine Sache. Interessanter ist, welche Merkmale dieser Gruppen kritisiert werden.

Wikipedia nennt unter anderem:

  • Einschränkungen der Meinungsfreiheit von Gruppenmitgliedern
  • Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Gruppenmitgliedern
  • wirtschaftliche Ausbeutung der Mitglieder durch lange Arbeitszeiten und minimales Gehalt
  • sexuelle Ausbeutung oder Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Gruppenmitglieder
  • Menschenrechtsverletzungen durch gruppeninterne, gerichtsähnliche Verfahren
  • Personenkulte um die Anführer
  • Familienkonflikte, insbesondere wenn ein Elternteil oder Kinder die Gruppe verlassen haben oder wollen
  • das Behindern von Kindern beim Zugang zu Ausbildung, ärztlicher Versorgung und Familienangehörigen außerhalb der Gruppe

Die Sektenberatungsstelle InfoSekta in der Schweiz kennt weitere Merkmale:

  • Gruppe mit straff hierarchischer und doktrinärer Struktur
  • Führergestalt mit prophetischen oder guruhafter Ansprüchen
  • Isolation und starke Abgrenzung der Gruppe nach aussen
  • Einteilung der Welt in Gut und Böse, Schwarz-Weiss-Denken
  • Absolutheitsanspruch
  • Erlösungs- oder Heilsversprechen
  • Endzeiterwartung: Gruppe erwartet Endzeit, Weltuntergang
  • Keine offene Informationspolitik, irreführende Propaganda
  • Selektion von Information bis hin zu bewusster Desinformation innerhalb der Gruppe
  • Umgang mit Kritik: Kritikverbot innerhalb der Gruppe; Bekämpfung von KritikerInnen ausserhalb
  • Kontrolle und Überwachung aller Lebensbereiche
  • Getarnte oder irreführende Anwerbung, Indoktrination, Einsatz von bewusstseinsverändernden Methoden
  • Gedanken- und Gefühlskontrolle: durch Erzeugung eines schlechten Gewissens und von Angst wird das Mitglied manipuliert

Diese Dinge werden natürlich nicht nur zur Definition von Wörtern, die man dann nicht verwenden will, herangezogen. Vielmehr dienen solche Sammlungen dazu, Gruppen unabhängig von der Bezeichnung als schädlich für die Mitglieder und/oder die Gesellschaft einzuordnen. Wegen der sehr weiten Anwendung der Religionsfreiheit führt dies selten dazu, dass die Gesellschaft eingreift. Wenn, dann häufig viel zu spät. Diese Lücke in unserem stark von religiösen Traditionen geprägten Rechtssystem führt dazu, dass Menschen in den genannten Strukturen Schaden erleiden. Auch wenn wir noch nicht die Gruppen auflösen können, wenn sie mehrere dieser Merkmale erfüllen, können wir vor ihnen warnen und jenen, die in ihnen sind, bewusst machen, dass ihre Grundrechte verletzt werden.

Perspektivisch sollte die Gesellschaft natürlich spätestens dann, wenn Grundrechte erwiesenermaßen verletzt sind, eingreifen. Die Religionsfreiheit ist nicht absolut, sondern durch staatliche Gesetze begrenzt. In denen manchmal religiöse Ausnahmen existieren, wie z. B. bei der männlichen Genitalverstümmelung. Aber bestimmte Grundrechte sind unverhandelbar und auch nicht auf diese Weise eingeschränkt. Wenn wir haben es immer so gemacht das beste Argument fürs Fortbestehen von Ausnahmen oder das Ignorieren von Grundrechten ist, sollte die Demokratie irgendwann aufwachen und gleiches Recht für alle schaffen.

Die Funktionsweise katholischer Orden

In der Diskussion um die Nonnen sind verschiedene Begriffe genannt worden, die auf Strukturen hinweisen, bei denen eine Beschäftigung mit den Sektenmerkmalen lohnend erscheint.

Grundsätzlich treten junge (oder ältere) Frauen und Männer freiwillig in einen katholischen Orden ein. Diese Freiwilligkeit war historisch jedoch nicht immer gegeben. Ob aus Armutsgründen, oder weil die Familie das so vorgegeben hat, viele Menschen traten den Orden nach Druck von außen bei. Auch die religiösen Drohungen, Menschen seien grundsätzlich sündig und nur durch bestimmte Handlungen zur Erlösung berechtigt, werden bei vielen Menschen gewirkt haben. Schließlich wird der Orden als eine Gemeinschaft mit gesicherter Existenz und einer sinnvollen Tätigkeit beworben, was in unsicheren Zeiten (Krieg, Krisen) sehr attraktiv erscheinen kann.

Diese Freiwilligkeit ist also auch heute eher nur nominell, sie kann mit dem Mangel an Alternativen oder religiösen Einflüssen, die scheinbar keine Alternative bieten, erklärt werden.

Die drei Nonnen in Goldenstein sind in den 1940-er und 1950-er-Jahren religiös sozialisiert worden. Das war eine Zeit des finstersten Katholizismus, mit Höllendrohungen, Zwängen, strenger Erziehung und Indoktrination. Das war der Hintergrund ihrer vermutlich freiwilligen, aber wahrscheinlich nicht informierten Einwilligung, dem Orden beizutreten.

Ab da ist der Weg vorgegeben. In ihrem Orden wird ein Armutsgelübde abgelegt. Das bedeutet nicht, dass sie in Armut leben müssen: Sie lebten ja in einem Schloss mit viel Platz, gesicherter Lebensgrundlage und viel Zeit für Dinge, die nicht dem Geldverdienen dienen. Dies sind nicht die Merkmale von Armut laut österreichischer Armutskonferenz.

Vielmehr heißt dieses Armutsgelübde, dass ihre finanziellen Mittel ab dem Zeitpunkt des Gelübdes dem Orden gehören. Dies gilt für aktuelle und zukünftige Einkünfte und Einnahmen. Die Mitglieder haben also keinen Privatbesitz, und das erstreckt sich z. B. auch auf Erbschaften von Nichtmitgliedern, die auf die Mitglieder entfallen. Die Kirche profitiert einseitig.

Ein weiteres Gelübde ist jenes mit Gehorsam. Gehorsam bedeutet in diesem Kontext, der katholischen Hierarchie stets zu gehorchen. Dies war lange Zeit kein Problem für die Nonnen, weil eine von ihnen die Oberin des Ordens war. Als der Orden jedoch unter 6 Personen zusammenschrumpfte, musste er mit einem anderen zusammengelegt werden. Dies ergab eine neue Hierarchie. Das Gehorsams-Gelübde wird also so geleistet, dass man nicht weiß, wer in Zukunft die Befehle gibt und welche das sein werden. In der Welt außerhalb der Kirche würde niemand einen Vertrag unterschreiben, in dem man sich für immer verpflichtet, Befehle von nicht genau eingegrenzten Personen und Hierarchien auszuführen. Dies grenzt an Sklaverei.

Es wird vielfach behauptet, dass die Nonnen einfach aus dem Orden ausscheiden könnten, wenn es ihnen nicht gefällt. In diesem Fall würde sie das zu illegalen Hausbesetzerinnen machen, weil das Gebäude, in dem sie leben, dem Orden gehört. Die Vereinbarung mit dem aufnehmenden Orden besagt ihrer Meinung nach, dass sie ein lebenslanges Wohnrecht dort haben. Was die gewieften Juristen der katholischen Kirche natürlich mit einem Passus abgesichert haben, der ihrem Oberen das Recht gibt, selbst darüber zu entscheiden, ob das noch möglich ist.

Die verschiedenen Gelübde können zeitlich eingeschränkt gelten, werden aber bei der ewigen Profess (Ablegung des Ordensgelübdes) auf Lebenszeit abgelegt. Diese Profess ist also eine einseitige Erklärung, in der die ablegende Person ihre Arbeitskraft, ihre Niederlassungsfreiheit, sämtliche zukünftigen Einkünfte und viele anderen Rechte an den Orden abgibt. Diese hochproblematische Praxis wird damit gerechtfertigt, dass ja zuerst nur zeitlich begrenzte Gelübde in einer Art Probezeit abgelegt werden und das Upgrade zur ewigen Profess komplett freiwillig erfolgt. Stockhom-Syndrom zuerst auf Zeit, dann freiwillig für immer.

Wir kennen den Begriff des sittenwidrigen Vertrags, der vorliegt, wenn eine Übereinkunft einseitige Nachteile vorsieht, in einem großen Machtgefälle stattfindet oder zu einem solchen führt und nicht auflösbar ist. Genau diese Punkte treffen auf solche ewigen Gelübde zu - sie sind aber rechtlich keine Verträge, sondern einseitige Willenserklärungen der Person.

Selbst das Verlassen des Ordens (was eben hier praktisch keine Verbesserung wäre) ist einseitig benachteiligend geregelt. Die Ordensmitglieder müssen einen Antrag stellen, der schwerwiegende Gründe für die Entscheidung enthalten muss. Darüber entscheiden Diözese oder der Vatikan. Sie können die Entscheidung beliebig hinauszögern oder einfach die Austrittsfreigabe verweigern.

Der Orden hingegen kann einseitig erklären, jemanden aus dem Orden zu entlassen. Diese Personen bekommen dann keine Altersversorgung, haben wegen des Armutsgelübdes keine Mittel für ihren Lebensunterhalt und verlieren ihr gesamtes soziales Umfeld. Dies kann der Orden z. B. bei wiederholten Verstößen gegen das Gelübde oder bei Ungehorsam aussprechen, und die katholische Hierarchie weiß ganz genau, dass sie dieses Mittel hat. Sie hat den Nonnen auch schon mit Konsequenzen gedroht. Genau dieses Vorgehen ist vom Kirchenrecht bei beharrlichem Ungehorsam eindeutig vorgeschrieben, aber die mediale Aufmerksamkeit stellt vorerst sicher, dass man lieber gegen die eigenen Regeln verstößt, als das Image der Organisation weiter zu beschädigen.

Wir sehen also: Das Verhältnis zwischen Mensch und Organisation ist hochgradig problematisch gestaltet. Solche einseitigen Verpflichtungen kann in der Demokratie niemand mehr eingehen, außer im Bereich der Religion. Und auch da wären wir schnell hellhörig, wenn eine neureligiöse oder kleine Gruppe ein solches System einführt.

Kein Arbeitsvertrag wird auf ewig ohne Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen. Im Normalfall zahlt man über die Sozialversicherung ins Altersversorgungssystem ein und hat damit im Fall der Arbeitsunfähigkeit eine Absicherung. Das Überschreiben zukünftiger Einkünfte jedweder Art an einen bestimmten Empfänger ist massiv benachteiligend und sittenwidrig. Diese für uns in der Demokratie selbstverständlichen Aussagen gelten nicht für Ordensangehörige.

Ausgewählte Sektenmerkmale in Zusammenhang mit katholischen Orden

Schauen wir uns also an, ob die Merkmale von unerwünschten Hochkontrollgemeinschaften auf das Verhältnis zwischen Orden und Ordensangehörigen zutreffen. Wenn ja, kann man den Begriff der Sekte bewusst abwertend verwenden, um Menschen vor solchen Gruppen zu warnen. Ein staatliches Vorgehen ist natürlich nicht zu erwarten: Die Bundesstelle für Sektenfragen darf ausdrücklich nichts tun, wenn es um anerkannte Religionsgesellschaften geht.

Gruppe mit straff hierarchischer und doktrinärer Struktur

Im Orden passiert, was die/der Obere sagt. Dies ist nicht vertraglich oder organisatorisch, sondern mit dem Gehorsamsgelübde abgesichert. Ungehorsam kann zu Sanktionen bis hin zur Vernichtung der Existenz durch die Entlassung aus dem Orden führen. Die Hierarchie ist doktrinär (in Kirchenlehren und -gesetzen) vorgegeben.

Führergestalt mit prophetischen oder guruhafter Ansprüchen

Personenkulte um die Anführer

In der römisch-katholischen Kirche gibt es Priester. Durch sie (in der offiziellen Hierarchie ausschließlich Männer) spricht angeblich der allmächtige Gott des Universums. Einer von ihnen hat besondere Zauberkraft, er ist nämlich in Glaubensdingen unfehlbar.

Isolation und starke Abgrenzung der Gruppe nach aussen

Die Orden verlangen von den Mitgliedern, dass sie an einem bestimmten Ort wohnen, arbeiten, und auch das, was anderswo als Privatleben gälte, der Gruppe widmen. Dies gilt sogar im Ruhestand.

Die VertreterInnen der Kirchen haben mehrfach versucht, den Nonnen ein Redeverbot zu verpassen, indem sie die Tatsache, dass sie unerlaubt mit Medien sprechen, als Gehorsamsverweigerung bezeichneten. Der Ordensobere weist auch regelmäßig darauf hin, dass die Nonnen einen magischen Ort im Kloster haben, der für Außenstehende nicht zugänglich ist sein dürfte, aber von MedienvertreterInnen betreten wird.

Absolutheitsanspruch

Die katholische Kirche (so wie jede andere christliche Abspaltung von Abspaltungen) vertritt mit der Lehre Außerhalb der Kirche kein Heil (Punkt 846) einen Absolutsheitsanspruch.

Erlösungs- oder Heilsversprechen

Die Notwendigkeit der Kirche fürs Heil wird im gleichen Punkt 846 des Kathechismus als Fakt behauptet: alles Heil durch die Kirche, die sein Leib ist, von Christus dem Haupt herkommt

Endzeiterwartung: Gruppe erwartet Endzeit, Weltuntergang

Der Katechismus als offizielle Lehre der römisch-katholischen Kirche ist voll mit Endzeiterwartungen, hier z. B. das letzte Gericht, direkt nach dem Kapitel über die Hölle.

Dies mag den durchschnittlichen Gläubigen nicht mehr so eindringlich und real erscheinen – die professionellen Leichtgläubigen, die an dieser Auseinandersetzung beteiligt sind, kennen zumindest den Inhalt und glauben höchstwahrscheinlich daran.

Keine offene Informationspolitik, irreführende Propaganda

Selektion von Information bis hin zu bewusster Desinformation innerhalb der Gruppe

Im Beispiel der Auseinandersetzung über die Nonnen von Goldenstein z. B. die Weigerung der anderen Seite, Belege für die eigene Position vorzulegen; generell widersprüchliche Aussagen. Ein Vertrag, der – den Nonnen zufolge – ihnen das lebenslange Recht, im Kloster zu wohnen, gibt, aber in versteckten, schwer verständlichen Klauseln eben dies negiert.

Umgang mit Kritik: Kritikverbot innerhalb der Gruppe; Bekämpfung von KritikerInnen ausserhalb

Die Nonnen wurden mehrmals darauf hingewiesen, dass ihre Befehlsverweigerung und ihre Kommunikation Sanktionen nach sich ziehen werden. Kritische Berichterstattung in den Medien wird auch angegriffen. Anfangs wurde dem Dunkelkammer-Podcast, der die Affäre ins Rollen gebracht hat, mit gerichtlichem Vorgehen gedroht.

Kontrolle und Überwachung aller Lebensbereiche

Genau diesem Zweck dienen die verschiedenen Gelübde; die Verpflichtung, im Kloster zu bleiben; die Redeverbote und schließlich die Umstände, wie die Nonnen nach Krankenhausaufenthalten oder Reisen in einer koordinierten Geheimaktion teilweise nur mit Nachthemd bekleidet ins Altersheim gebracht wurden.

Da die Gelübde ewig gelten und die Ausstiegsmöglichkeiten einseitig beschränkt sind, erstreckt sich die Kontrolle unangemessen lang und stark, und auch auf Dinge, die beim Leisten des Gelübdes noch nicht bekannt waren.

Getarnte oder irreführende Anwerbung, Indoktrination

Die Nonnen sind als Kinder in einem extremen Katholizismus indoktriniert worden. Vieles davon wird heute (z. B. nach dem zweiten vatikanischen Konzil und nach weiteren Entwicklungen) selbst in der katholischen Kirche anders gesehen.

Die irreführende Anwerbung führt dazu, dass Menschen sich verpflichten, ihr Leben lang unkritisch der Organisation zu dienen, egal, wohin sich diese entwickelt, egal, was sie mit ihnen macht.

Gedanken- und Gefühlskontrolle: durch Erzeugung eines schlechten Gewissens und von Angst wird das Mitglied manipuliert

Die Hölle ist weiterhin Teil der katholischen Lehre. Den Nonnen wurde bereits mit der Exkommunikation gedroht. Dies führt in der katholischen Vorstellungswelt direkt dazu, dass man nicht mehr als Teil der Kirche angesehen wird und das Heilsversprechen verliert. Die Angst vor ewiger Folter ist in diesem Glaubenssystem eine notwendige Konsequenz, das schlechte Gewissen eine im echten Leben beabsichtigte Folge.

Aber auch die Angst, vor dem Nichts zu stehen, ist im besprochenen Fall real. Die Ersparnisse des ehemaligen Ordens der Nonnen sind an den größeren Orden übergeben worden, das beinhaltet z. B. die Erbschaft und die Einkommen der Frauen aus ihrer Arbeit als Lehrerinnen. Laut Medienberichten mehr als 400.000 Euro. Daraus ließe sich ein selbstbestimmter Lebensabend gestalten, wenn die Nonnen nicht in diesem System gefangen wären. Die Alternative, das Ausscheiden aus dem Orden, lässt sie ins Nichts fallen: Keine Wohnstätte, keine finanziellen Mittel, nur die dürftige soziale Absicherung des Staates.

Einschränkungen der Meinungsfreiheit von Gruppenmitgliedern

Die Mitgliedschaft in einem katholischen Orden ist an den Glauben an die Lehre der katholischen Kirche geknüpft. Dieser Glaube enthält etliche Denkverbote und vorgeschriebene Glaubensinhalte.

Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Gruppenmitgliedern

Die Ordensmitglieder können je nach Ordensregeln an den Standort gebunden sein. Sie haben magische Bereiche, in die sie theoretisch keine Fremden reinlassen dürfen.

Wirtschaftliche Ausbeutung der Mitglieder durch lange Arbeitszeiten und minimales Gehalt

Mit dem Armutsgelübde treten die Ordensmitglieder ihr gesamtes Einkommen an den Orden ab. Nicht jede problematische Hochkontrollgruppe würde etwa eine Erbschaft eines Mitglieds automatisch an sich reißen – der katholische Orden tut es.

Da im Orden keine Trennung zwischen Arbeitszeit und Privatleben besteht, sind die Mitglieder de facto die ganze Zeit für den Orden (=Arbeitgeber) tätig.

Es werden regelmäßig Fälle von Arbeitsausbeutung bekannt: Menschen werden mit falschen Versprechen nach Österreich gelockt (also freiwillig), ihnen werden die Dokumente abgenommen und erklärt, dass sie jetzt etwas anderes machen müssen, und zwar vorerst ohne Bezahlung, um die Kosten ihrer Anreise zu finanzieren. Unterkunft (die sie nicht verlassen dürfen) und Essen bekommen sie, aber ihre Arbeitkraft wird ausgebeutet. Wenn sie flüchten, sind sie in einer prekären Situation mit nichts in der Hand. In solchen Fällen werden die Verursacher, die von der Ausbeutung profitieren, gerichtlich verfolgt. Diese Arbeitsausbeutung wird zu Recht als eine Form der modernen Sklaverei verfolgt.

Die Nonnen haben, als sie gegen ihren Willen ins Pflegeheim verschleppt wurden, den Zugang zu ihren persönlichen Dokumenten verloren, da gleich die Schlösser des Klosters ausgetauscht wurden. Sie mussten vorher an einem festgelegten Ort wohnen und bis ins hohe Alter zumindest teilweise fremdbestimmt arbeiten. Der Lohn wurde ihnen abgenommen (dem Orden zugewiesen), sie erhielten nur Kost (selbst zubereitet, teilweise selbst angebaut) und Logie.

Es ist Aufgabe der Gerichte, darüber zu entscheiden, ob diese Strukturen etwas miteinander zu tun haben.

Sexuelle Ausbeutung oder Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Gruppenmitglieder

Die katholische Kirche ist weltweit für Kindervergewaltigung berüchtigt und hat diese dort, wo es ging, so lang wie es ging vertuscht.

Ein weiterer Bereich, der erst später bekannt wurde, ist sexuelle Gewalt gegen Ordensfrauen. Es ist klar, dass die Strukturen im Orden jede Form von Zwang und Gewalt begünstigen und die Aufklärung sowie die Vermeidung zukünftiger Taten erschweren bis verunmöglichen.

Menschenrechtsverletzungen durch gruppeninterne, gerichtsähnliche Verfahren

Nicht alle Religionsgemeinschaften maßen sich an, ein eigenes Recht zu besitzen. Der Mammut im Raum ist hier die katholische Kirche. Ihr gruppeninternes Rechtssystem wird an staatlich finanzierten Universitäten gelehrt, die Verfahren intern geführt. Die Verfahren sind schon allein durchs Machtgefälle und die besonders unausgewogenen Rechte und Pflichten zwischen Mitglied und Gemeinschaft unfair und verletzen grundlegende Rechte auf ein faires Verfahren.

Familienkonflikte, insbesondere wenn ein Elternteil oder Kinder die Gruppe verlassen haben oder wollen

Durchs Verbot der sexuellen Aktivität ist dieser Punkt oberflächlich gesehen nicht relevant.

In dem Kontext, dass die Orden durch ihre geschlossene Struktur sexuelle Gewalt begünstigen, entstehen solche Konflikte durchaus. Schwanger gewordene Nonnen, auch nach einer Vergewaltigung, wurden aus dem Orden ausgeschlossen oder zu Schwangerschaftsabbrüchen gezwungen.

Fazit

Diese ausgewählten Punkte, jeder einzelne für sich problematisch, zeigen klar: Die katholischen Orden haben mindestens 17 Sektenmerkmale unbestreitbar belegt. Viele Gruppen, die traditionell als Sekte bezeichnet wurden, etwa einige Freikirchen, erreichen diesen Highscore nicht einmal annähernd. Bemerkenswert.

Da wir nicht erwarten können, dass die Republik Österreich in naher Zukunft durchgreifen und diese Praxis untersagen wird, können wir nur die zukünftigen Opfer solcher Systeme warnen. Die Bundesstelle für Sektenfragen tut das nicht, sie hat gar nicht die Möglichkeit dazu. Es geht ja um eine anerkannte Religionsgesellschaft, die ganz offensichtlich problematischen Umgang mit ihren Mitgliedern pflegt und das in Österreich uneingeschränkt tun darf.

Diagramm: Verlauf der Gelübde in der österreichischen römisch-katholischen
Kirche 2023-2024

Glücklicherweise fällt die Zahl der Menschen, die in Österreich in der katholischen Kirche ein Gelübde leisten, stetig. Es gab bereits Jahre mit einer einstelligen Zahl dieser Opfer eines menschenverachtenden Systems. Natürlich ist jeder einzelne Betroffene zu viel. Da sie wahrscheinlich nicht selbst den Athikan lesen, ist es unsere gesellschaftliche Verantwortung, sie und die Gesellschaft über diese Dinge aufzuklären.

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