Podcast-Nachlese: Trans-Hetze, schlechtes Design

In der jüngsten Folge des Radio-Athikan-Podcasts haben wir unter anderem über die transfeindliche Hetze der FPÖ und der rechten Christen sowie über eine Diskussion zwischen Kardinal Schönborn und einem Biologen gesprochen, in der ersterer Design in der Biologie erkannt haben will. Zwischen Aufnahme und Veröffentlichung vergeht immer etwas Zeit, in der manchmal interessante neue Dinge in den behandelten Themenkreisen passieren.

Drag-Queen-Story-Hour unter Polizeischutz, Demo und Gegendemo

Gerade bei den Drag-Queen-Märchenstunden, die von rechten und christlichen Kreisen immer wieder ohne Faktengrundlage mit Homosexualität oder Transsexualität vermengt und deswegen wütend bekämpft werden, kochte die Stimmung ziemlich hoch.

Am 16. April fand eine Lesung in der Türkis Rosa Lila Villa, einem Beratungs- und Veranstaltungszentrum der LGBTQI+-Community statt. Prompt wurde eine Demonstration dagegen angekündigt und durchgeführt, etwa 200 Rechte und Fundichristen kamen vorbei. Ähnlich viele PolizistInnen schützten die Veranstaltung und schirmten die Demo und die wesentlich größere Gegendemo voneinander ab.

Die kleine Gruppe der Demonstrierenden bestand aus bekannten Neonazis und Identitären wie Martin Sellner. Zwei Anzeigen wurden wegen des verbotenen Hitlergrußes ausgesprochen. Also alles wie immer?

Nein, nicht ganz. Im Standard-Bericht ist ein Mann in bunter Jacke in der Nähe des Identitären-Führers Martin Sellner zu sehen, der ein etwas komisches Blasinstrument aus einem Widderhorn bläst. Im Alltag in Österreich ist dieses Instrument, das Schofarhorn nicht so bekannt, aber es hat eine starke symbolische Bedeutung. Im alten Testament spielen diese Hörner bei der mythischen Eroberung der Stadt Jericho eine Rolle, als die Eroberer nach anderen rituellen Handlungen siebenmal den Schofar blasen mussten, wodurch die Mauern einstürzten.

Dieses Märchen dient heutigen Evangelikalen, am häufigsten in den USA, aber mittlerweile auch in Österreich, als Anlass, den Schofar als Instrument mit Zauberwirkung anzusehen. Einerseits in ihrem spirituellen Kampf wie auch bei dieser Demonstration, oder vor der Erstürmung des Kapitols am 6. Jänner 2021 in Verbindung mit sogenannten Jericho-Märschen, also in Verbindung mit vorgestellter und manchmal eben in die Tat umgesetzter Gewalt.

Andererseits gibt es alle möglichen Wundergeschichten von Fernsehpredigern und anderen Lügnern, was sie alles mit dem Blasen des Schofars erreicht hätten: Zum Beispiel ein Tornado kontrolliert oder einen kaputten Bus wieder flottbekommen.

Wenn man also Christen sieht, die einen Schofar blasen, kann neben der Möglichkeit von rein rituell-spirituellen Zwecken immer auch Schlimmeres die Ursache sein: Die Person hat starke Vorstellungen über magische Dinge, hofft auf Wunder, die ihr allmächtiger und allwissender Gott nur bewirken kann, wenn man ein Widderhorn geblasen hat, oder phantasiert einen spirituellen Kampf zwischen bösen Dämonen und guten GöttInnen herbei, der – wie wir aus den USA wissen – auch in reale Gewalt umschlagen kann, wenn die Christen sich stark und zahlreich genug fühlen: Etwas, wovor wir Österreich derzeit keine Angst haben müssen. Die Evangelikalen, die Derartiges glauben, sind aktuell eine verschwindend kleine Gruppe.

Design in der Natur und kreationistische Lügen

Im Podcast haben wir einen Aspekt der von Kardinal Schönborn aufgeworfenen Hypothese, in der Natur seien Ergebnisse eines Designprozesses beobachtbar, nicht behandelt: Nämlich die Tatsache, dass das Design in vielen Fällen stümperhaft ist.

Die christliche Wunschvorstellung von einem perfekten Schöpfer würde implizieren, dass eine gute und elegante Lösung für ein Problem (eben Design) überall angewendet wird, wo dieses Problem auftritt. Wenn ein perfektes Auge, ein perfektes Knie, ein vollkommenes Reproduktionssystem designt wurde, wird dieses überall eingebaut.

Doch weit gefehlt. Unsere menschlichen Organe sind zwar sehr komplex und ganz gut an ihre Zwecke angepasst, aber im direkten Vergleich losen wir gegen Oktopus, Ratte und viele andere Tiere, bei denen die selben Organe sich wesentlich nützlicher ausgebildet haben, ab. Unser Auge hat den dümmstmöglichen Aufbau (so als würde man in eine Kamera noch Kabel vor die Linse bauen), und unser Reproduktionsprozess ist lebensgefährlich und funktioniert in einem erschreckend hohen Anteil der Fälle gar nicht. Der Blinddarm hat keine Funktion, kann uns aber umbringen, wenn wir nicht schnell genug moderne Medizin anwenden.

The Thinking Atheist Seth Andrews hat gerade eine sehr gute Podcast-Folge mit einer Biologin zu diesem Thema, mit unzähligen Beispielen, warum die Annahme, ein Gott hätte Tiere und den Menschen designt, ebendiesen in ein ziemlich schlechtes Licht rückt. Betreibt jemand, der seinem Gott vorwirft, diese falschen Designs in seine Lieblingsspezies eingebaut zu haben, obwohl viel bessere zur Verfügung gestanden wären, damit etwa Blasphemie? Wer Herrn Schönborn in nächster Zeit sieht, könnte ihn fragen, was er dazu meint.

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