Die Zukunft der Theologie – aber wie ist ihre Gegenwart?
Vor kurzem erschien der Beitrag „Es steht viel auf dem Spiel. Zur Zukunft der Theologie“ im „theologischen Feuilleton“ feinschwarz. Die AutorInnen sind PastoraltheologInnen von verschiedenen Universitäten in und um Österreich.
Der Beitrag war anscheinend wichtiger als andere auf feinschwarz; er ist sowohl auf Kathpress verbreitet worden als auch auf der Homepage der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien verlinkt. Wir können also eine besondere Qualität und Relevanz erwarten.
Pastoraltheologie beschäftigt sich mit der Tätigkeit der Priester und Fragen in den Themenkreisen Predigt, Liturgie und Seelsorge. Neuerdings wird sie auch als Praktische Theologie bezeichnet. Diese ausschließlich für die jeweilige Kirche relevante Forschung und Lehre finden an öffentlichen Universitäten, finanziert aus öffentlichen Mitteln statt, aber unter kirchlicher Kontrolle, wie es im Konkordat festgeschrieben ist. Über die Ernennung von ProfessorInnen für katholische Theologie entscheidet allein die katholische Kirche, nicht die Universität.
Nach den einleitenden Worten und dem obligatorischen Papst-Franziskus-Zitat über parfümierte Grenzen (sic!) folgt gleich ein Satz aus der ZEIT, mit erklärter Zustimmung der AutorInnen:
„Das Ganze der katholischen Kirche steht auf dem Spiel, wenn die Repräsentanten dieser sich als heilig verstehenden Institution sündigen und straffällig werden, dann können sie die Herrlichkeit Gottes nicht mehr zum Leuchten bringen, dann verdunkeln sie Gott, dann stehen sie Gott im Wege.“
(D. Pollack, ZEIT 9/21) Genauso ist es.
Man könnte sich fragen, was das für ein Gott ist, den einzelne kriminelle Priester und deren Komplizen verdunkeln können, aber mit der ersten Hälfte werden sich auch AtheistInnen vollständig identifizieren können. Wir merken uns jedenfalls, dass die AutorInnen überzeugt sind, die Kirche sei wegen dieser Missstände in einer unguten Lage.
Mit der Zukunft der katholischen Kirche steht auch die Zukunft der Theologie auf dem Spiel. Die Zahl der Theologiestudierenden schwindet seit langem. In Deutschland wie in Österreich werden Vorschläge gemacht, die einen grundlegenden Umbau der theologischen Landschaft bedeuten würden: die Zusammenlegung der Priesterausbildung an wenigen Orten oder gar deren Verlagerung an kirchliche Hochschulen.
Das stimmt ungefähr. Eigentlich stieg die Anzahl der Studierenden der „Katholischen Fachtheologie“ an der Universität Wien bis 2009 langsam an, aber seither ist sie tatsächlich stark gesunken. In den letzten Zahlen (Wintersemester 2020) beträgt sie nur mehr 60 % dieses Spitzenwertes aus den 2000er-Jahren. (Die Anzahl der sich als katholisch bekennenden Menschen, aber auch Taufen und Firmungen sind im gleichen Zeitraum hingegen kontinuierlich gesunken, sie hatten den Anstieg in den 2000-er-Jahren nicht mitgemacht.)
Wie der Text richtig feststellt, hängt diese Entwicklung auch mit der schwindenden Bedeutung der katholischen Kirche in Deutschland und Österreich zusammen.
Das alarmiert uns als Pastoraltheolog:innen. Denn es droht, was nie passieren darf: das Verstummen der Theologie als kritischer Einspruch gegen die gewinnorientierte Verwaltung der Welt, ihr Scheitern als „kulturelles Laboratorium“ (Papst Franziskus) eines Glaubens, der die Erde liebt und sich mit allen verbündet, die für die Würde und Rechte der Menschen kämpfen, und es droht eine dekontextualisierte Ausbildung kirchlichen Personals, so als ob es tätigen Glauben jenseits der konkreten, bunten, unüberschaubar gewordenen Welt gäbe.
OK. Es gibt also weniger TheologiestudentInnen, so wie es weniger religiöse Menschen in der Gesellschaft gibt. Es gibt Vorschläge, die Priesterausbildung (!) an weniger Orten zusammenzulegen. Daraus folgt irgendwie, nach Theo-Logik, das „Verstummen der Theologie“ (nochmal in blumigen Worten und mit Papst-Zitat beschrieben). Ist Theologie nur die Priesterausbildung? Oder dürfen die anderen (z. B. Studentinnen der katholischen Theologie ohne Chance auf ein Priesteramt) nicht mehr reden? Wer genau bringt diese Frauen heute in Europa zum Verstummen, wenn nicht die katholische Kirche selbst?
Wir brauchen keinen Abbau, sondern einen Aufbruch der Theologie.
Die hier zitierten AutorInnen, soweit nicht in Pension, sind allesamt an Universitäten tätig, mit Professuren für Theologie ausgestattet. Sie – gerade sie – können diesen Aufbruch bewirken. Schauen wir uns ihre Vorschläge an.
Einfache nicht mit Professorentiteln ausgestattete Würdenträger wie ein amtierender Papst würden in dieser schwierigen Situation eine Gebetsaktion starten und versuchen, das Problem damit zu lösen – aber nicht diese ExpertInnen von den besten theologischen Fakultäten.
Die Theologie hat eine säkulare Aufgabe. Es gibt sie nicht für sich, sondern um Probleme zu lösen, die ohne sie schwerer lösbar wären.
Das, gerade von PastoraltheologInnen, ist eine starke Ansage. Welche säkulare Aufgabe? Welche Probleme sind mit Theologie leichter lösbar als ohne? Ein Beleg wäre nett, damit wir uns etwas darunter vorstellen können.
Die christliche Theologie kennt aus ihrer Geschichte die Versuchungen der Macht, sie erlebte und erlebt die Erfahrung der gerechten Erniedrigung. Sie ist global vernetzt und lebt, wo sie sich ihrer Lage und Aufgabe bewusst ist, im demütigen Selbstbewusstsein, etwas beitragen zu können, dass die Menschheit eine gute Zukunft hat.
Apropos gute Zukunft. Sind nicht Länder, die Säkularität am stärksten leben, auch die erfolgreichsten? Korreliert die Stärke religiöser Einflüsse in einem Land nicht mit Armut, Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Gewalt? Doch, das tut sie. Die katholische Theologie und ihre Auswüchse haben viele Jahrhunderte lang die nur für sich selbst gute Zukunft mitgestaltet – bis in der Aufklärung ihr Einfluss zurückgedrängt wurde und eine bessere Zukunft für die gesamte Gesellschaft (die auch Frauen, homosexuelle Menschen und jene mit einer anderen oder gar keiner Religion beinhaltet) begann. Die „gerechte Erniedrigung“ hätten wir AtheistInnen nicht besser formulieren können.
Die Theologie arbeitet von jeher in den Häusern der Wissenschaft und mit den Wissensbeständen und Wissenstechniken ihrer jeweiligen Gegenwart. Das war für sie nie einfach und sie machte es anderen Wissenschaften oft schwer. Manchmal fremdelt sie immer noch mit den aktuellen Wissensformaten und fremdeln daher andere Wissenschaften mit ihr.
Genau. Viele verstehen nicht, was die Theologie im 21. Jahrhundert noch an öffentlichen Universitäten sucht. Sie fragen sich etwa, wie das sein kann, dass die Kirche das letzte Wort bei der Besetzung der Professuren hat, die Forschung einem Mythos „verpflichtet“ ist, und wie ein regelmäßiger Fakultätsgottesdienst dem Fortschritt der Wissenschaft dient.
Oft genug hat sich die Theologie (als pseudowissenschaftlicher Wurmfortsatz der Kirche) an der Unterdrückung wissenschaftlicher Erkenntnisse beteiligt, wenn sie ihren Dogmen widersprachen. Das war für sie wahrlich nicht einfach: So viele Rückzugsgefechte gegen die Realität über Jahrhunderte, die jedes einzelne Mal mit einer schmerzlichen Niederlage endeten.
Die Theologie steht in der Pflicht des Volkes Gottes. Sie dient ihm durch den Versuch der Wahrheit. Sie dient ihm durch den Versuch, nichts ungesagt zu lassen, was um des Evangelium willen gesagt werden muss, was um der Leidenden willen gesehen werden muss, was um Gottes und des Menschen willen begriffen und verändert werden muss.
Wer genau ist dieses „Volk Gottes“? KatholikInnen? Christliche Menschen? Ca. 15 % von denen glauben auch nicht mehr an einen Gott.
Wie steht das mit der früher erwähnten säkularen Aufgabe, wenn die Theologie plötzlich doch in der Pflicht einer religiösen Gruppe steht?
Wie wär’s mit Wahrheit statt „Versuch der Wahrheit“? Die anderen Wissenschaften haben gute Methoden dafür.
Wir können wohl davon ausgehen, dass in 18 Jahrhunderten alles mehrfach gesagt wurde, was „um des Evangelium willen gesagt werden muss“. In Zukunft werden wir mit viel weniger davon auch gut auskommen. Insbesondere wenn das mit „Versuch der Wahrheit“ ernst gemeint ist.
Theologie darf nicht nur die Verlängerung der gutbürgerlichen Kirche in die gutbürgerliche Wissenschaft hinein sein. Die Theologie besitzt viel weitreichendere Erfahrungs- und Resonanzräume. Der Versuchung, sich durch Wissen, gesellschaftlichen Status oder ideologische Immunisierung zu panzern vor den Risiken der Gegenwart, darf sie nie erliegen.
Ideologische Immunisierung vor den Risiken der Gegenwart ist doch eine der Hauptaufgaben der Theologie! Sie führt ja die Rückzugsgefechte im Spannungfeld „wie können wir unsere Religion öffentlich verkünden, damit sie gerade noch nicht aus der modernen Gesellschaft geworfen wird“. Wie wir am Rückgang der TheologiestudentInnen und der Kirchenmitglieder sehen, mit bescheidenem Erfolg.
Was besitzt die Theologie genau? Ein Resonanzraum ist ein Hohlraum in einem Musikinstrument. Erfahrungsraum hat in Duden, Wikipedia und Brockhaus keine Eintragung. Vielleicht mit ein Grund für den Bedeutungsverlust, wenn Wörter ohne Bedeutung oder gut klingende, tiefe Gedanken suggerierende Begriffe für große („weitreichende“) Leere über die fehlende Aussagekraft hinwegtrösten sollen.
Denn Theologie ist zuletzt eine praktische Wissenschaft. Sie ist dazu da, sich der Verwundbarkeit unserer Existenz auszusetzen und dieser Verwundbarkeit in der Treue zu Gott einen Ausweg jenseits der Gewalt, der Verbitterung und der Verzweiflung zu zeigen.
Die Theologie ist am wenigsten („zuletzt“) eine praktische Wissenschaft, mit anderen Worten: von begrenztem Nutzen. Schreiben jene, deren Betätigungsfeld als Praktische Theologie bezeichnet wird.
Sich der Verwundbarkeit der Existenz aussetzen ist eine blumige Formulierung für „in Ohnmacht nichts tun“. Ist der Ausweg, den sie „zeigt“, eine Alternative zu Gewalt, Verbitterung und Verzweiflung, oder geht er über diese negative Dinge noch hinaus („jenseits“)? Ist das gerade Werbung für Theologie oder ein verzweifelter Hilferuf? Schwer zu unterscheiden.
Die christliche Theologie ist eine Wissenschaft wie jede andere – und doch mehr.
Hahaha, nein. Sowas von nicht. Man kann nicht zuerst aufzählen, welche Scheuklappen und Zwänge die Theologie in vorgegebene Bahnen zwingen, und dann behaupten, sie sei eine Wissenschaft wie jede andere. Aber die Flat Earth Society behauptet auch von sich, Wissenschaft zu betreiben, nur besser.
Wissenschaft hat ihre Basis und ihre Methoden oftmals hinterfragt und validiert, erfolgreich gegen intellektuelle Angriffe verteidigt und akzeptiert gut begründete Zweifel weiterhin. Sie ist immer offen für die besseren Argumente und lässt nicht zu, dass ihr menschliche Autoritäten oder antike Bücher Dogmen und vorgefertigte Antworten vorgeben. Wörter haben eine Bedeutung und werden auch dieser Bedeutung entsprechend verwendet.
Wohlgemerkt, an theologischen Fakultäten entstehen auch wissenschaftliche Arbeiten. Nur sind das jeweils jene, die die Methoden echter Wissenschaften heranziehen: Geschichte, Literaturwissenschaft, Soziologie, Psychologie und so weiter. Pastoraltheologie, Apologetik (Erklärung, wie die Religion irgendwie stimmen kann), Exegese (Bibelinterpretation), Christologie (Nachdenken über die Eigenschaften einer fiktiven Figur) und die anderen Fächer, die eigentlich nach Hogwarts gehören, zählen dezidiert nicht dazu, wenn sie keine falsifizierbare Hypothesen aufstellen und nicht in der Lage sind, Vorhersagen zu treffen und zu prüfen. (Das ist Hogwarts gegenüber vielleicht unfair: Dort funktionieren die Zaubersprüche nämlich.)
Sie erfasst die Person, die sie treibt, in religiöser Tiefe, sie untergräbt die unkritische Affirmation des Wissenschaftsbetriebs durch ihre Verpflichtung auf die biblische Botschaft, und sie kämpft an der Seite jener, die um ihre Würde ringen.
Unreflektierte Menschen projizieren häufig ihre eigenen negativen Eigenschaften auf andere, ohne es zu merken. „Unkritische Affirmation des Wissenschaftsbetriebs“? Von denen, die sofort die „Verpflichtung auf die biblische Botschaft“ nachlegen?
Also nochmal. Die „Wissenschaft wie jede andere, und doch mehr“, deren Methoden die „Verpflichtung auf die biblische Botschaft“ und das Dogma der Unfehlbarkeit des Oberhaupts beinhalten, wirft den anderen (die nicht „doch mehr“ sind) die unkritische Affirmation vor. Ist „Verbales Eigentorschießen“ eigentlich ein Unterrichtsfach an der theologischen Fakultät oder einfach eine verbreitete Begabung?
Es steht viel auf dem Spiel. Als Pastoraltheolog:innen erforschen wir den kreativen Kontrast von Evangelium und Gegenwart, aber auch das oft dramatische Scheitern von Kirche und Theologie vor ihrem Auftrag.
Was ist am Kontrast von Evangelium und Gegenwart kreativ (schöpferisch)? Das Evangelium ist gegeben, die Gegenwart auch. Sie ist, wie sie ist, weil sie sich vom Evangelium weitgehend gelöst hat. Kreativ waren viele, viele Menschen; die destruktive, verzweifelt dagegen ankämpfende Seite war – die Theologie. Mit „dramatisches Scheitern“ ist das gut beschrieben: Scheitern und daraus ein Drama machen.
Langsam kommt der Artikel zum Ende. Die Qualitäten der Theologie als selbst deklarierte Wissenschaft und die Fähigkeiten ihrer Praktizierenden wurden hinreichend etabliert, also folgen noch sechs Vorschläge (Handlungsanweisungen? Aneinanderreihungen von Wörtern?) auf dem bereits etabliertem Niveau.
Wer sich noch an den Anfang erinnert: Es geht darum, das Problem zu lösen, dass weniger Leute Theologie studieren, und deswegen überlegt wird, die Priesterausbildung zusammenzuziehen. Eines der explizit angeführten Probleme ist die Kirche selbst.
Die ExpertInnen von den Universitäten dürfen jetzt zeigen, welche Lösungen ihnen eingefallen sind, wie sie sich den Aufbruch vorstellen.
Wir brauchen eine Theologie, die zwischen den Archiven der Tradition und den konkreten Praktiken einer bunten und intensiven, oft auch dramatischen und widersprüchlichen Wirklichkeit kreative Diskurse initiiert.
Die Diskurse sind da und neue entstehen laufend. Als ob die Theologie die großen Diskurse unserer Gegenwart wie Klimawandel und Gleichberechtigung initiiert hätte, statt später auf den Zug aufzuspringen oder sich vor die Lokomotive zu werfen, im vergeblichen Versuch, sie aufzuhalten. Wir wären schon dankbar für Argumente, deren Basis nicht eine Loseblattsammlung zweifelhaften Ursprungs aus dem 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung ist! Diese Argumente bekommen wir von jeder einzelnen universitären Disziplin eher als von der Theologie.
Wir brauchen eine Theologie, deren Disziplinen sich offensiv mit den Wissensbeständen und Wissenschaftsmethodiken der Gegenwart konfrontieren.
Wissensbestände und Methodiken gerne fundiert konfrontieren. Nur bitte nicht auf erfundener Basis. Die große Methodenkrise haben im 21. Jahrhundert nicht die Wissenschaften, sondern genau die Theologie. Hier sehen wir wieder kein Argument, sie zu studieren.
Wir brauchen ein Theologiestudium, das Theologie als Projekt der eigenen Existenz begreift.
Bei unverständlichen Aussagen von TheologInnen hilft es bei der Interpretation oft, sich zu überlegen, wie sich die Welt unterscheiden würde, wenn man die Aussage als wahr bzw. als falsch betrachtet. Wenn kein Unterschied erkennbar ist, dann sind das wieder nur Äußerungen von Leuten, die nichts zu sagen haben, aber die Formulierung davon sehr gut beherrschen.
In diesem Fall: Wenn das Theologiestudium in Wien „Theologie als Projekt der eigenen Existenz begreift“ und in Linz nicht, kann man sie dadurch irgendwie unterscheiden? Sind die Vorlesungen anders? Sind die AbgängerInnen erfolgreicher, hatten sie mehr Freude am Studium, sind sie schneller fertig geworden? Haben sie eine andere Beziehung zu ihrem Gott? Brechen weniger das Studium ab? Wechseln sie auf die Fakultät mit „Projekt der eigenen Existenz“?
(Das wäre übrigens eine wissenschaftliche Fragestellung, die sich mit wissenschaftlichen Methoden untersuchen ließe, z. B. an einer theologischen Fakultät, an der ProfessorInnen der Praktischen Theologie arbeiten. Wenn es nur möglich wäre, eine operationalisierbare Forschungsfrage zu formulieren…)
Wir brauchen ein Theologiestudium, das von der Kirche begleitet wird: in Freiheit und Selbstbestimmung, zur Entfaltung von Person und Biographie der Studierenden.
Die Kirche wurde in der Einleitung dezidiert als Hindernis und Nachteil in der Wahrnehmung von GöttInnen genannt. Wie kann sie also Leute zum Theologiestudium motivieren? Und wie kann sie zur Freiheit und Selbstbestimmung der Studierenden beitragen? Oder geht es um Freiheit der Kirche?
Das Wesen eines Universitätsstudiums ist ja, dass die Institution unabhängig von äußeren Einflüssen die Wissenschaft lehren und weiterentwickeln kann, oder? Freiheit der Wissenschaft und Lehre sind grundlegende Werte, Voraussetzungen für die Anerkennung eines Instituts in der wissenschaftlichen Gemeinschaft, oder?
Wenn dem so wäre, könnten wir zu Recht erwarten, dass – wie bei jeder anderen Studienrichtung – die Universität selbst entscheidet, wer an den Instituten lehren und forschen darf. Sie prüft dafür objektive Kriterien wie Publikationen und Forschungsergebnisse, um die beste Person auszuwählen.
Nun haben wir bei der Theologie die Situation, dass die Entscheidung bei der Kirche liegt. Also wie wird hier Freiheit definiert? Freiheit der Kirche oder Freiheit von kirchlichem Einfluss? Bedeuten Freiheit und Selbstbestimmung in der Theologie etwas anderes als in der Wirklichkeit?
Wir brauchen ein Theologiestudium, das zur Übernahme von Mitverantwortung in den Konflikten und Kämpfen dieser Welt an der Seite der um ihre Würde Ringenden ermutigt.
Ein Theologiestudium mit grundlegender Menschlichkeit und humanistischen Werten. Das ist positiv, aber ist das ein Alleinstellungsmerkmal? Und können wir das nach all dem, was wir hier gesehen haben, glauben? Oder haben Wörter wie Würde und Mitverantwortung hier wieder spezielle, religiös verklärte eigene Bedeutungen?
Wie weit ist eigentlich „zur Übernahme von Mitverantwortung … ermutigen“ von tatsächlichem Handeln entfernt?
Wir brauchen eine Theologie, die um ihre säkulare Aufgabe in gefährdeten Zeiten weiß und sie tatkräftig angeht.
Google: Keine Ergebnisse für “Säkulare Aufgabe der Theologie” gefunden.
Diese letzte Aussage aus dem Hohlraum, der sich für eine Wissenschaft hält, aber schon an einer grundlegenden Eigendefinition scheitert, fasst den Artikel perfekt zusammen.
Man kann nicht einfach Wörter erfinden, Sätze schreiben, die sich gleich widersprechen, unbelegte Aussagen tätigen, die der Alltagserfahrung entgegen stehen, wenn man in der Welt Erfolg haben will. Diese Dinge sind heute eine Spezialität der Theologie. Niemand sonst würde sich noch mit so etwas in die Medien trauen. Solange die Muster nicht der Lächerlichkeit preisgegeben werden (und das war hier wirklich nicht schwer), werden wir sie aber noch ertragen müssen. Wer nach der Matura mitten in der Studienwahl solche Dinge liest, wird sich wohl nicht denken „cool, wenn ich das auch könnte, wäre das was“. Nein, die Gesellschaft wendet sich vollkommen berechtigt davon ab.
Solche Texte funktionieren als Predigt, als gesprochenes Wort. Da hat man als ZuhörerIn keine Zeit, den Sinn zu hinterfragen; ein gut klingender Gedanke jagt den anderen, und das Gefühl am Ende ist „ja, stimmt, sehr weise“. Niedergeschrieben geben diese Sätze ihre AutorInnen jedoch der Lächerlichkeit preis.
Die hier an den Tag gelegte Unfähigkeit, die Realität objektiv zu beschreiben, aus dieser Beschreibung Schlüsse zu ziehen, und Lösungsvorschläge zu erarbeiten, sind wahrlich keine Werbung für ein Theologiestudium. Wenn das die Strategie der besten Köpfe ist, die an den entscheidenden Stellen sitzen, um etwas zu bewirken, dann wird es wohl so weitergehen: Das Studium der Theologie wird vollkommen verdient in der Bedeutungslosigkeit versinken, zusammen mit der Religion dahinter. Übrig bleiben erfolglose, auf der Grundlage des längst in die Altpapiertonne der Geschichte gehörenden Konkordats für immer versorgte TheologInnen, die sich dann frei von Lehrverpflichtungen auf die Umdefinition von Bedeutungen und die Suche nach neuen Synonymen für Vakuum konzentrieren können.