In der Bibelschule (14)

Die vierzehnte Lektion ist mit Niemand lebt für sich betitelt, der Untertitel lautet Christ zu sein ist keine Privatangelegenheit, da die Christen von der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen leben. Es geht darum, wie wichtig es ist, dass Christen eine gemeinsame Gruppe bilden. Natürlich wird in der Lektion auch darauf Bezug genommen, dass es unterschiedliche Gruppen gibt, also werden Kriterien für die richtige Wahl genannt.

Die Bibel vergleicht die Gemeinde mit einem Körper. Jesus Christus ist der Kopf, die bekehrten Mitglieder der Gemeinde bilden den Körper (Epheser 4:15-16).

Kein Wunder, dass es so viele verschiedene Christentümer gibt, wenn sie sich einen Kopf wählen, der angeblich vor 2.000 Jahren ein schlechtes Wochenende hatte und sonst nicht in Erscheinung tritt. So gehen natürlich alle nach ihrem eigenen Kopf.

Die Christen kommen vereint voran: Das neue Testament stellt die Gemeinde als Gemeinschaft der Berufenen vor. Der Ausgangspunkt ist Jesus Christus, der die Menschen aufruft, ihm nachzufolgen, so wie es beim Zöllner Levi geschah.

In Lk 5:27-29 wird beschrieben, wie Jesus den Zöllner Levi, der gerade arbeitet, komplett ohne Vorgeschichte, Kontext oder weitere Erklärungen mit den Worten Folge mir nach! zur Nachfolge auffordert und dieser dafür alles stehen und liegen lässt. Tja, wenn das nur so einfach wäre. Dieser Jesus muss sehr charismatisch gewesen sein – oder der Autor des Lukas-Evangeliums sehr fantasievoll.

So sammelte Jesus seine Schüler um sich, mit denen er in Palästina umherging, über Gott predigte und Kranke heilte. Nach einer Einschulung schickte Jesus diese Menschen aus, um neue Nachfolger zu gewinnen.

Wenn man der Apostelgeschichte glauben kann (also eher nicht), hat das für viele von ihnen nicht gut geendet – wie auch für ihren Ausbilder. Eine Gruppe, deren Mitglieder für ihren charismatischer Anführer ohne guten Grund schlechte Folgen bis hin zum Tod in Kauf nehmen, betrachten wir heute sehr kritisch.

Wäre jemand wirklich herumgegangen und hätte als unheilbar geltende Kranke heilen können, wäre ein großer Bedarf an mehr Heilung und weniger über Gott predigen entstanden, und wir hätten historische Quellen, die dies belegen. Falls die Geschichte überhaupt einen wahren Kern hat, war es wohl umgekehrt: Ganz viel Predigt und keine übernatürliche Heilung.

Aber wie? Viele haben sich der neuen Gemeinschaft angeschlossen. Auf ihre Frage, wie sie Gott finden können, antwortete Petrus: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. (Apostelgeschichte 2:38, Einheitsübersetzung)

In der sicher nicht übertriebenen Geschichte wurden dann gleich an diesem Tag 3.000 Menschen getauft und der Gemeinschaft hinzugefügt – wohlgemerkt, ganz ohne Jesus.

Christi Gemeinde entsteht also durch:

  • Durch den Aufruf Jesu an die Menschen, ihm nachzufolgen;

  • durch die bewusste Entscheidung für ihn, ausgedrückt in der Taufe;

  • und die Weitergabe des Rufes Gottes an andere Menschen.

Hier wird die Bekehrung weiterer Menschen als zentrale Komponente einer Gemeinde festgehalten. Einen wahrnehmbaren Jesus haben die kopflosen Gemeinden ja nicht zu bieten, sie müssen sich also in den anderen Punkten noch mehr anstrengen.

Verbindende Elemente: Die Christen kommen zusammen, um über Gott zu reden, zu danken und gemeinsam zu beten. (…) Aber der Gottesdienst ist mehr als das Treffen mit Gott. Der Gottesdienst ist eine Hinwendung zu meinen Mitmenschen. Es ist meine Aufgabe, über mein Verhalten gegenüber anderen Menschen vor Gott Rechenschaft abzulegen.

Wieder die Formel ist mehr als, die darüber hinwegtäuschen soll, dass die Aussage komplett unbelegt ist, indem die Aufmerksamkeit gleich auf etwas anderes gelenkt wird. Der Gottesdienst als Hinwendung zu Mitmenschen? Hätte man dafür nicht die ganze Woche Zeit? Will Gott nicht zumindest in dieser einen Stunde ungeteilte Aufmerksamkeit (Dienst)? Muss man einem allwissendem Gott gegenüber wirklich Rechenschaft ablegen? Wirr.

Natürlich ist es nicht so einfach. Gäbe es einen Gott und wäre der Ruf Jesu wahrnehmbar, wären alle Menschen in diesen Gemeinden vereint und würden sich dort zueinander hinwenden und Gott dienen.

Aber so ist es offensichtlich nicht:

Das Christentum hat in ihrer zweitausend Jahre langen Geschichte wieder und wieder neue Gruppen gebildet, die sich teilweise heute noch feindlich gegenüberstehen. Aber welche Gemeinde soll ein heutiger Christ wählen?

Diese Frage wird ja für die überwiegende Mehrheit der Menschen durch die Eltern beantwortet. Statt es sich selbst zu überlegen, bekommen Kinder die Gemeinde der Eltern wie selbstverständlich aufgezwungen, und selbst als Erwachsene müssen sie sich noch rechtfertigen, wenn sie sich für eine andere entscheiden. Je nachdem, wie problematisch die Gemeinde ist, können die sozialen Folgen sehr hart sein. Das Wählen wird nicht gerade erleichtert, viel zu leicht wird man Teil einer feindlichen Gruppe.

Bei der Entscheidung für eine Gemeinde soll nicht die Größe oder die Schönheit der Formulierung der Glaubensbekenntnisse die primäre Rolle spielen! Im Mittelpunkt steht das Verhältnis zu Christus und der Bibel. Folgende Überlegungen können vielleicht in der richtigen Auswahl helfen:

Jetzt kommen wir langsam dazu, dass die SchülerInnen der Bibelschule sanft in eine Richtung gelenkt werden – irgendwann kommt wohl die Aufforderung, sich konkret den Siebenten-Tages-Adventisten anzuschließen.

Ist Jesus Christus im Mittelpunkt der Lehre?

Zeugen Jehovas sind also schon mal raus.

Akzeptiert sie die Bibel ohne jede Änderung?

Das behauptet jede christliche Kirche von sich – und wirft anderen vor, dass sie es nicht tun.

Fühlen sich die Mitglieder der Gemeinde verpflichtet, anderen über Gott zu erzählen?

Lasst die anderen bitte in Ruhe. Missionstätigkeit als Qualitätskriterium heranzuführen wird die öffentliche Wahrnehmung eurer Abspaltung von Abspaltungen nicht verbessern, im Gegenteil.

Sind sie überzeugt, dass Jesus Christus bald zurückkehrt und unsere Welt wieder in den Ursprungszustand versetzt?

Diese Position ist etwa 1975 Jahre nach den ersten Schriften, in denen diese Rückkehr den Anwesenden als unmittelbar bevorstehend angekündigt wird, schwer zu vertreten. Aber das ist eine der zentralen Ideen der Adventisten, die ja Leuten nachfolgen, deren Berechnungen über das konkrete Datum dieser Rückkehr sich als falsch erwiesen haben.

Sehr mutig, nach der großen Enttäuschung dieses Kriterium anzulegen.

Finde ich in der Gemeinde eine Herzlichkeit, die mir ein Gefühl von Sicherheit gibt?

Das behauptet wieder jede religiöse Gemeinschaft über sich. Wie viel Basis es hat, kann man von außen schwer beurteilen.

Vielleicht können aber die Schüler einer Adventisten-Schule, deren Basketballmannschaft aus einer Meisterschaft freiwillig ausgeschieden ist, weil das Spiel am Samstag vor dem Sonnenuntergang gewesen wäre, darüber nachdenken, wie viel Herzlichkeit und Sicherheit ihnen diese Gemeinschaft gibt, wenn es um die Erreichung ihrer Ziele geht.

Eine Gemeinde mit Zukunft: Im Buch der Offenbarung des Johannes sehen wir öfter die symbolische Beschreibung der Teilung der verschiedenen Kirchen.

Kein Wunder, die unterschiedlichen Sichtweisen sind schon in den Evangelien erkennbar. Es gab damals auch schon mehrere Versionen des Christentums.

Das Kennzeichen: Das letzte Buch der Bibel zeigt, welche drei Erkennungsmerkmale die Gemeinde mit einer echten Zukunft hat:

Hier muss sich die Standhaftigkeit der Heiligen bewähren, die an den Geboten Gottes und an der Treue zu Jesus festhalten. (Offenbarung 14:12, Einheitsübersetzung)

Auch das behauptet jede christliche Gemeinde von sich. Sie suchen sich nur jeweils andere Gebote aus. Würde man sich an alle Gebote halten, würde man in jedem zivilisierten Land als kriminelle Organisation, die Hassverbrechen begeht, angesehen werden.

Danke Gott, der mir Menschen schenkt, mit denen ich die echte Gemeinschaft erfahren kann.

Dafür braucht man keine GöttInnen, nur Menschen, die nicht aus Furcht vor schrecklichen Konsequenzen (die sich aus religiösen Lehren ergeben), sondern aus Freude an der Beziehung mit anderen Menschen diese Gemeinschaft bilden. Zuerst die Apokalypse als Leseaufgabe geben und dann gleich Gott zu danken ist wieder ein sehr ungeschickter Zug der Bibelschule.

Nach einigen multiple-choice-Fragen kommt wieder eine offene: Was sind die Bedinungen für die Existenz und das Wachstum einer Gemeinde?

Wir wissen ja, dass der Glaube an Übernatürliches und die Bereitschaft, sich religiösen Vorgaben zu unterwerfen, in den entwickelten Ländern rapide zurückgehen. Insofern haben kleine Nischen-Anbieter wie die Siebenten-Tages-Adventisten nur noch die Chance, Mitglieder anderer christlicher Glaubensgemeinschaften zu sich herüberzuholen. Das nennen sie dann Wachstum.

Meine Antwort: Sie muss glaubwürdiger als andere die Wunder der Bibel präsentieren und eine fürs Leben der Mitglieder bessere Perspektive aufzeigen.

Die nächste Frage ist auch schön: Wie würden Sie sich die Gemeinde vorstellen, in der Sie sich wohlfühlen?

Meine Antwort: Eine Gemeinschaft, in der Menschen sich gegenseitig schätzen, unterstützen und ihre Zweifel und offenen Fragen respektvoll besprechen.

Christen meinen ja, dass sie viele menschliche Dinge erfunden hätten: Verhaltensregeln, Gemeinschaft, das Anzünden von Kerzen. Manche können sich nicht einmal vorstellen, dass es diese Dinge auch außerhalb ihrer Gemeinden gibt. Dabei hat sich hier und in der letzten Lektion wieder gezeigt, dass Religion eher trennt als eint, und man sich auch beim Aufbau einer Gemeinschaft ohne erfundene Behauptungen leichter tut.

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