In der Bibelschule (13)

Die dreizehnte Lektion heißt Für jemanden bin ich wertvoll, der Untertitel Kein Mensch ist überflüssig. Gott liebt und akzeptiert jeden. Das klingt nett, tolerant und offen, mal sehen, ob es so weitergeht.

Meine zweideutige Antwort vom letzten Mal wurde wieder als richtig gewertet. Wenn die wüssten, was mein Gedanke dahinter war…

Am Anfang beschreibt die Lektion, dass es verschiedene Arten gibt, wie Menschen anhand ihrer Leistungsfähigkeit oder ihrer Nützlichkeit für uns bewertet werden können. Aber bei Gott sei das ganz anders: Für ihn ist natürlich jeder Mensch wertvoll. (Vergessen wir mal die Noah-Geschichte mit der Flut, in der Gott die gesamte wertvolle Menschheit ausgelöscht haben soll.)

In dieser Lektion wechselt die Bibelschule ständig zwischen ich und Sie, um zu den SchülerInnen zu sprechen. Das ist etwas verwirrend, wie gehabt sind die Zitate genau gekennzeichnet. Ich in den zitierten Bereichen kommt von der Bibelschule.

Ich bin Gottes Kind: Die Bibel macht viele eindeutige Aussagen über die Eigenheiten, die einen christlichen Menschen von anderen unterscheiden.

Die Unterscheidung zwischen den wertvollen Menschen beginnt: Jetzt.

Sind Sie Gottes Kind? Können Sie auf diese Frage mit einem eindeutigen Ja oder Nein antworten? Das Vermeiden der Antwort zeigt Unsicherheit.

Nein, ganz ohne Unsicherheit. Ich kenne meine Eltern gut, sie halten sich nicht für GöttInnen.

Ein Beispiel kann helfen. Wenn Sie gefragt werden: Sind Sie verheiratet?, müssen Sie nicht lang nachdenken. Sie wissen genau, was die Antwort ist. So ist es auch mit dem Christentum. Sie müssten wissen, ob Sie ein Kind Gottes sind. Und Sie können es wissen! Die Bibel sagt, wie Sie es entscheiden können.

Na dann schaue ich, was die Bibel sagt. Eigentlich wurde ich schon vorher zur Antwort gedrängt. Muss ich mich doch noch umentscheiden?

Wer an Jesus glaubt und sich taufen lässt, steht in einer neuen Qualität vor Gott.

Aha, ändert sich die Eigenschaft, wessen Kind man ist, durch eine Handlung während des Lebens? Ist das eine Adoption? Sind wir Adoptivkinder Gottes?

Auch meine Einstellung zu Gott ändert sich. Da ich an ihn glaube, möchte ich leben, wie er es wünscht. Wie das im Alltag ausschaut, das erklärt Paulus in Kolosser 3:1-17.

Was schreibt Paulus (oder wer auch immer, die Echtheit des Briefes ist umstritten) dort?

Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt! Richtet euren Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische! Denn ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott. (Einheitsübersetzung 2016)

Hmm, geht mich nix an. Ich bin weder gestorben noch ist mein Leben mit Christus verborgen in Gott. Hört sich ziemlich wirr an. Ich richte meinen Sinn lieber aufs Irdische. Da kann ich positiv beitragen.

Wie ist eigentlich der Kontext, auf den die Lektion nicht verweist?

18 Ihr Frauen, ordnet euch den Männern unter, wie es sich im Herrn geziemt!

22 Ihr Sklaven, gehorcht in allem euren irdischen Herren, nicht in einem augenfälligen Dienst, um Menschen zu gefallen, sondern in der Aufrichtigkeit des Herzens!

Christliche Werte in Reinkultur. Also einerseits irrelevant für mich, andererseits auch sehr problematisch. Bin ich jetzt eigentlich weniger oder doch mehr wertvoll?

Eine hohe Anforderung, die die völlige Umkehr bedingt. Wie ich meine Kleidung jeden Tag wechsle, muss ich auch jeden Tag den alten Adam ablegen, mit den wiederkehrenden Fehlern aufhören.

Ich fühle mich immer wertvoller. Habe keinen alten Adam zum Ablegen, und ich bin auch schon richtig unterwegs, muss nicht ständig umkehren.

Wir Christen stehen nicht auf einer Stelle. Trotz jedes Rückfalls wachsen wir weiter. (…) Aber das Wachstum kommt nicht von selbst. Um wachsen zu können, brauchen wir Nahrung: Verlangt wie neugeborene Kinder nach der unverfälschten, geistigen Milch, damit ihr durch sie heranwachst und Rettung erlangt! (1 Petrus 2:2).

Geistige Milch? Fett und Alkohol? Das möchte ich mir nicht antun. Riecht schon echt grauslich. Wohl zu lang herumgestanden.

Wir haben eine Menge Möglichkeiten, das Wachstum zu unterstützen.

Gebet, Bibel lesen, Gehorsam, Gemeinschaft, Weitergabe, Leid-Erfahrung.

Selbstgespräch, literarischer Masochismus, Unterordnung unter eine fiktive Figur, was Nettes, Missionierung, wörtlicher Masochismus?

Wisst ihr, was? Das finde ich nicht attraktiv, bis auf die Gemeinschaft. Ich bin aber viel lieber in einer Gemeinschaft, die die anderen Dinge nicht macht.

Keine falsche Bescheidenheit: Auf dieser Basis kann ich ganz sicher sein: Gott hat mich akzeptiert. Jesaja 43:1-4 sagt das ganz klar. Und weil Gott mich akzeptiert hat, kann ich mich auch als wertvoll ansehen.

Im verlinkten Teil spricht Gott zu einer Romanfigur namens Jakob, den Gott für so wertvoll hält, dass er ihm einen neuen Namen aufzwingt: Israel. Gott erklärt dem glücklichen: Du gehörst mir und verspricht ihm, nicht versengt zu werden, wenn er durch Feuer geht.

Wieder ein Nicht-Beleg, wieder eine widerliche Grenzüberschreitung und ein komplett unrealistisches Versprechen. Danke, das Angebot nehme ich nicht an.

Echte Sicherheit, dass wir Gottes Kinder sind, kann nur aus dem Vertrauen in Jesus Christus stammen. Er hat auf dem Kreuz unsere Sünden getragen. Dies ist unumstrittenes Fakt und die sichere Basis unseres Glaubens.

Mein Antwort war wohl richtig: Ich bin nicht Gottes Kind. Zu viele wirre Begründungen dafür, zu viel herbeigelogene Schein-Sicherheit.

Nur in der Beziehung zu Jesus kann ich mich frei fühlen.

Ach, die christliche Definition von Freiheit. Hier sind deine Zäune, fühl dich dazwischen frei. Ausserhalb wartet die ewige Strafe. Gott liebt dich und deine Freiheit.

Mir fällt spontan George Orwells 1984 ein. Neusprech haben die Christen offensichtlich schon vor ihm erfunden.

Freiheit ist Unterordnung, und jeder Mensch ist wertvoll, nur die Christen sind wertvoller. (Oh, das ist schon Farm der Tiere!) Die orwellsche Bibelschule hat wieder nicht enttäuscht. Und macht Lust auf gute Bücher.

In den Fragen rudern die VerfasserInnen dann schon zurück. Aus der Beteuerung, alle Menschen seien Gottes Kinder, wird dort alle Menschen können Gottes Kinder werden..

Eine schöne offene Frage gibt es auch: Welche Auswirkungen hat die Tatsache, dass Gott Sie liebt, auf Sie? (Noch ein Begriff, der nicht in seiner Bedeutung verwendet wird: Tatsache.)

Meine Antwort: Ich liebe mich auch. Wenigstens ist das eine Tatsache, und ein humanistischer Wert.

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