In der Bibelschule (12)

Die zwölfte Lektion heißt Wiedergeburt und setzt die Themen der vorherigen Lektion fort. In erster Linie geht es darum, dass die Taufe nur zählt, wenn man ganz untergetaucht wird (vergesst die Fake-Taufen, die viele in der katholischen oder protestantischen Kirche erhalten haben). Schön langsam wird also ein Kontrast zu den anderen Varianten des Christentums aufgebaut.

Zuerst erklärt die Lektion, wie wichtig Wasser fürs Leben sei, dass es ungleich auf der Welt verteilt sei, und weist auf die Reinigungsfunktion hin, die für die behauptete Wiedergeburt notwendig sein soll.

Zum Thema der Wiedergeburt zitiert die Bibelschule ein Gespräch mit einem Nikodemus, der ein Oberster der Juden sein soll. Er fragt, wie ein Erwachsener neu geboren werden kann. Jesus erklärt ihm in gewohnt kryptischer Manier, dass die Wiedergeburt durch Wasser und Geist passieren muss und eine eigene Entscheidung erfordert.

Das spannt den Bogen zum Thema, dass viele Menschen als Säugling getauft wurden, ohne dass sie sich aktiv dafür ausgesprochen hätten. Weiters sei jeder Verweis auf die Taufe in der Bibel so, dass erwachsene Menschen mit vollem Untertauchen getauft werden.

Wir sollen auch nicht vergessen, dass Jesus selbst als Erwachsener getauft wurde. (Zwar in den Evangelien komplett unterschiedlich erzählt, aber welche bibeltreuen Christen interessiert das schon.)

Wer sich bewusst taufen lässt, bekennt sich zu Jesus. Das heißt nicht, dass er/sie von da an kein Problem mit Sünde hat. Christen sind den Versuchungen und inneren Kämpfen genauso ausgesetzt wie andere. Aber sein/ihr Standpunkt ändert sich grundlegend durch die Taufe: er/sie wechselt das Lager, steht danach auf der Seite Gottes, also ändert sich auch das Verhältnis zur Sünde.

Ah, die eingebildete Kraft von Ritualen. Wer in einer solchen christlichen Gemeinde als jugendliche oder erwachsene Person sich für die Taufe entscheidet, hat am Tag davor die gleiche Einstellung zur Sünde wie am Tag danach.

Die getaufte Person wird Teil einer großen Familie, die für sie einsteht, ihre Freude und Leid teilt, und auf die sie sich immer stützen kann. Wer sich taufen lässt, muss die eigenen Probleme nicht mehr selbst lösen.

Das spricht nicht gerade für euch, wenn ihr die Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft an ein willkürliches Ritual knüpft. Das Wesen einer guten Familie oder Gemeinschaft ist eigentlich, dass sie die genannten Dinge für ihre Mitglieder auch ohne Ritual tut.

Aber richtig nass werden reicht noch nicht.

Nach der heiligen Schrift ist die äußere Form, also das Untertauchen, allein nicht genug. Jesus betont selbst: Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verurteilt werden. (Markus 16:16)

Also wieder das bekannte Muster: Glaube gefälligst an unbelegte, absurde Dinge oder du wirst bestraft. Das hat nichts mit Schule zu tun.

Die Taufe ist ein großer Wendepunkt im Leben. Denken, Reden, Handeln wechseln die Richtung. Durch die Taufe bekennt sich der Mensch zu einem neuen Lebensstil.

Falsch. Menschen, die als Erwachsene zu so einer baptistischen Gemeinschaft kommen, ändern ihr Verhalten schon lang, bevor sie sich für die Taufe entscheiden. Das wird von ihnen auch erwartet. Das biblische Bild des Verbrechers, der durch die Taufe von einem Tag auf den anderen ein neuer Mensch wird, gibt es nur in Märchen. Die Siebenten-Tages-Adventisten erklären selbst, dass der Taufe eine Unterweisung in der Heiligen Schrift und die Annahme ihrer Lehren vorausgehen. Man muss also schon mitspielen, bevor man überhaupt zur Taufe kommen darf.

Aber weil wir hier im Christentum sind, muss noch etwas Absurdes und Morbides folgen.

Der Apostel Paulus beschreibt eine radikale Änderung fürs ganze Leben mit dem Bild des Begräbnisses: Wisst ihr denn nicht, dass wir, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden ja mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod… (Römer 6:3-4)

Wer im Christentum symbolisch mit Jesus Christus gestorben ist, dem vergibt Gott alle vergangenen Sünden. Damit schenkt uns Gott eine aufgeräumte Vergangenheit. Deswegen ist die Taufe ein freudiges Begräbnis.

Mir fehlt eindeutig die Fantasie, so etwas auszudenken. Glücklicherweise haben wir Religion, um unsere Vorstellung um noch grössere Absurditäten zu erweitern.

Immerhin verstehen die meisten, dass ein kurzes Untertauchen nicht so lebensbedrohlich ist wie für drei Tage begraben werden. In unserer Wirklichkeit gibt es nämlich keine Auferstehung.

Paulus erzählt auch, dass der Mensch, der ein neues Leben beginnt, ein Siegel vom Heiligen Geist empfängt und zu Gottes Eigentum wird.

Danke, ich bin frei und will niemandes Eigentum sein. Ich kann gut darauf verzichten, wie Vieh als Besitz gebrandmarkt zu werden.

Ohne diese letzten Anmerkungen wäre die Lektion einfach nur albern und inkonsistent geblieben, wie viele andere. Aber diese Bibelschule schafft es immer wieder, zum Ende noch schnell etwas kolossal Dummes und Menschenverachtendes zu bringen. Ah, Christentum, du enttäuschst mich nie.

Nach einigen Blöcken von Multiple-Choice-Fragen kommt eine offene: Nehmen wir an, dass eine Ihnen nahe stehende Person sich mit Untertauchen taufen lassen will. Was würden Sie ihr raten?

Ich überlege kurz, ob ich einfach antworten soll: Das würde ich niemandem raten.

Aber ich spiele lieber mit und antworte stattdessen: Die Person soll die Bibel genau studieren, um entscheiden zu können, mit wem sie eine Verbindung durch den symbolischen Tod und Auferstehung eingeht.

Mal sehen, wie die gewohnt zweideutige Antwort bewertet wird.

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