In der Bibelschule (4)

Nachdem ich alle Fragen zur dritten Lektion richtig beantwortet habe (fast schon peinlich), geht es mit der vierten weiter. Der Titel ist einfach: Warum? Das wäre für kreative Gläubige mit einer entwickelten Theologie vielleicht eine Gelegenheit, die uralte Frage, wie ein gerechter, gütiger, allmächtiger Gott mit dem Zustand der Welt vereinbar ist, zu beantworten. Stattdessen gibt es diese Bibelschule, die daran grandios scheitert.

Die Einleitung der Lektion beschreibt Kinder, die ständig Warum? fragen, und damit nerven, ohne wirklich die Antwort wissen zu wollen. So vorbereitet können sich die BibelschülerInnen natürlich gleich einmal schlecht fühlen, wenn sie die völlig berechtigte Frage, ob die Lehre stimmen kann, stellen.

Die Bibel schreibt, dass die Erde perfekt erschaffen wurde. (Tut sie allerdings nicht: Die Pflanzen müssen warten, bis die Sonne erschaffen wird und so weiter.) Anfangs habe es kein Leid gegeben. Aber dann geschah der fatale Sündenfall. Der Mensch habe – wegen seines freien Willens – Satan mehr vertraut als Gott. Der Beleg soll 1 Mose 3 sein – nur steht dort exakt nichts von einem Satan! Für angeblich bibeltreue Christen ein ziemlicher argumentativer Reinfall.

Na jedenfalls soll es dadurch zum Leid gekommen sein, eine Folge der Abwendung von Gott, der offensichtlich leicht zu beleidigen und sehr nachtragend ist, nachdem er seine Aufsichtspflicht als Elternteil verletzt hat. Wir können natürlich beruhigt sein, weil wir wissen, dass das ein Märchen ist. Nur kein gutes.

Die nächsten Absätze führen aus, wie der freie Wille zu Schlechtem führt. Kurz werden auch Ereignisse wie Naturkatastrophen erwähnt, die kein vernünftiger Mensch mit dem freien Willen erklären würde. Wer ist also schuld? Na der Teufel natürlich. Belege: Angebliche Zitate von Dschisöös! Konkret: Johannes 8:44 (absichtlich nicht verlinkt), in dem er den Juden pauschal vorwirft, die Kinder des Teufels zu sein. Christlicher Antisemitismus, dein Name ist Johannes. (Der Jesus im Johannes-Evangelium ist sehr weit von den Jesussen der anderen Evangelien entfernt. Dass diese Erzählungen frei erfunden sind und die christliche Theologie vom Anfang des 2. Jahrhunderts, die sich vom Judentum lösen will, widerspiegeln, ist evident.)

Wenigstens ist es für Gott schmerzhaft, wie verdorben die Welt ist. Steht zumindest in diesem Bibelkurs. Also: Wieder Jesus. Der war soo gut und hat allen geholfen und trotzdem wurde er umgebracht. Das fiel ihm nicht leicht (oder, wenn es nach dem Johannes-Evangelium geht, schon, weil er es erwartet und seine Aufgabe triumphierend als vollbracht bezeichnet).

Wie auch immer, die Frage soll nicht sein Warum?. (Sie wird hier ja auch nicht zufriedenstellend beantwortet.) Also formulieren sie die Frage um: Welchem Zweck dient das Leid? Geschickte Suggestivfrage – dass es einen Zweck geben muss, wird darin schon als gegeben dargestellt. Aber sie wird auch nicht beantwortet. Stattdessen kommen Durchhalteparolen: Wir sollen darauf vertrauen, dass Gott mit uns sei, das Beste aus unserem Leid heraushole (das Beste für wen bitte?), und das Negative zum Positiven wende. Belege: Dschisöös!

Es ist rätselhaft, wie erwachsene Menschen, die diese Erzählungen zum ersten Mal hören, den Erzählenden weiter zuhören können, statt ihnen in deutlichen Worten zum Abgang zu raten und zu empfehlen, erst wiederzukommen, wenn ihnen gute Argumente eingefallen sind.

Die Lektion endet mit der beruhigenden Feststellung, dass im letzten Kapitel der Bibel kein Leid mehr vorkommt. Ja, das ist die Apokalypse! Zitiert ist 21:3-5. Teil der guten Nachricht:

Aber die Feiglinge und Treulosen, die Befleckten, die Mörder und Unzüchtigen, die Zauberer, Götzendiener und alle Lügner - ihr Los wird der See von brennendem Schwefel sein. Dies ist der zweite Tod.

Es ist ein Fehler, in der Bibel sechs Sätze weiterzulesen, wenn man ganz klar vorgekaut bekommt, wo man aufhören soll. So eine toxische Religion, so ein furchtbares Buch.

Ich habe jetzt echt keine Lust, christlich-dämliche Antworten auf die Fragen zu geben. Es ist fürs Weiterkommen sowieso egal, und wenn sie mich dieses grausliche Studium von und für Menschen mit fragwürdigem Charakter nicht weitermachen lassen, dann ist es halt so.

Zuerst soll ich die wahren Aussagen ankreuzen.

a) Gott hat die Welt perfekt erschaffen (hehe, nein, es gibt keinen Gott)

b) Leid ist nur durch die Sünde in die Welt gekommen (nein, Leid ist eine Eigenschaft unserer teils zufallsgesteuerten Welt)

c) Manch ein Leid wird von uns verursacht (Ja! Von euch Christen zum Beispiel.)

d) Laut Jesus kommt das Böse vom Teufel (Ja, kann man so interpretieren)

e) Jesus waren die Leiden seiner Zeitgenossen egal (Soweit wir die Geschichten glauben können, nicht)

Dann eine offene Frage: Was denken Sie, wer ist an Leid und Tod schuld?

Antwort: Tod ist ein Teil des Lebens, und es ist unsinnig, für alle Arten von Leid einen Schuldigen zu suchen.

Und so weiter, ich soll den armseligen Inhalt der Lektion reproduzieren und gebe kritische Antworten.

Bei der letzten Frage, ob ich noch Fragen zur Lektion habe, frage ich noch, ob es den Erstellenden auffällt, dass im direkten Kontext der genannten Verse abstoßende und die ganze Aussage untergrabende Passagen sind.

Toxisch (giftig) ist etwas, das denjenigen, die es haben/vertreten/ausüben, selbst schadet, unabhängig davon, ob sie auch anderen damit schaden. Dieser Bibelkurs zeigt sehr drastisch auf, wie toxisch zumindest das bibeltreue Christentum ist, und wie wenig es sich als Grundlage für Ethik eignet. Und das komplett unabhängig davon, ob man an einen Gott und/oder Jesus glaubt oder nicht.

Dass die moderne wissenschaftliche Theologie auf diese Frage auch nur Bullshit-Nicht-Antworten hat, zeigt etwa bibelwissenschaft.de.

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