In der Bibelschule (18)

Die achtzehnte Lektion ist mit Niemand anderer betitelt. Sie erklärt uns, dass von allen unbelegten Behauptungen nur jene über den christlichen Gott wahr sind, andere Formen der Esoterik seien hingegen nur gefährlicher Aberglaube.

Dieses Kapitel ist eine Übung in Projektion. Mit der Autorität der Bibel soll erklärt werden, welche Probleme es mit den anderen Welterklärungsansätzen gibt. Dabei werden immer wieder den anderen Glaubenssystemen Dinge unterstellt, die das Christentum selbst erfunden hat und/oder aktiv praktiziert.

Sterndeuterei. Kartenlegen. Handlesen. Schwarze Katzen, die unseren Weg kreuzen. Freitag, der 13. Hexenglaube.

Homöopathie. Christentum. QAnon. Islam. Echsenmenschen. Hinduismus. Blockchain.

Es gibt so viele Namen für ein Konzept: Hier, das, was ich behaupte, ist wahr, du musst es nicht überprüfen. Ich habe die Lösung für dein Problem. Für alle deine Probleme.

Begriffe, die wir nicht nur aus der Vergangenheit wie dem dunklen Mittelalter kennen. Umfragen zufolge glaubt jede dritte Person in Ungarn an Hexen, jede zweite liest die Horoskope vorm Wochenbeginn. Manche Unternehmen weigern sich, am Freitag, dem 13. Verträge abzuschließen. Dummheit? Spiel? Volksbelustigung?

Und in Österreich glauben mehr Menschen an Esoterik als an Gott. Laut dieser Umfrage aus 2018 wird kein Inhalt des apostolischen Glaubensbekentnisses von mehr als der Hälfte der Bevölkerung in Österreich geglaubt.

Ja, die Bildung zum kritischen Denken und zur Beurteilung von frei erfundenen Behauptungen fehlt in vielen Ländern schmerzlich.

Das Interesse an übernatürlichen Dingen ist riesig. Die Sehnsucht nach einer neuen, besseren Welt wird immer stärker. Dabei gibt es viele, die behaupten, dass sie für den Wunsch nach Sicherheit und Seelenfrieden eine Lösung hätten.

Es gibt zum Beispiel sogenannte Bibelschulen, die in vielen Lektionen genau diese Dinge versprechen.

Damit ist aber die Gefahr einer neuen Abhängigkeit gegeben, dabei sucht man gerade die Freiheit.

Achtung: Hier ist nicht die Abhängigkeit vom christlichen Gott gemeint, der angeblich unser gesamtes Leben und uns auch noch nach dem Tod kontrolliert.

Aber in der Flut der Angebote ist es manchmal schwer, das Ziel vor Augen zu halten. Der wichtigste Leitfaden ist die Bibel. Die wahren Angebote müssen bestimmte Kriterien erfüllen.

Objektivierbare Kriterien, das wäre ein guter Ansatz.

Jesus gab uns ein klares Beispiel, als der Teufel ihn in der Wüste versuchte. So antwortete er:

Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen. (Matt 4:10EÜ)

Wir wissen, dass es Wüsten gibt. Wir wissen weder über Jesus noch über Satan, ob es sie je gegeben hat. Die Geschichte ist komplett albern: Der Satan soll angeblich große Macht haben, aber sobald man ihn auffordert, Gott zu dienen, hört er mit seinen Machenschaften auf. Als ob das für ihn komplett neue Information wäre.

Wenn hört sich nicht idiotisch an ein Kriterium für die Beurteilung von Behauptungen ist, ist diese Märchenepisode schon durchgefallen.

Jesus wusste, dass es außer Gott auch andere Mächte gibt. Er kannte die Macht des Bösen und war bereit, ihr zu widerstehen. Für diesen Widerstand schöpfte er aus der heiligen Schrift Kraft und Argumente.

Einer fiktiven Figur in einer erfundenen Geschichte wird hier ein sehr genaues Wissen zugeschrieben. Argumente sehen wir hier aber nicht.

Leo Tolstoi sagte angeblich einmal: Jeder Mensch ist ein Gedanke Gottes. Dahinter steht die Überzeugung, dass wir keine Produkte des Zufalls sind. Gott wollte uns. Er hat uns erschaffen.

Ein nicht einmal belegtes Zitat eines Romanschreibers als Beleg? Ich dachte nicht, dass die Bibelschule es schafft, das Evidenzniveau noch weiter zu senken als bis zur Bibel. Aber hier werde ich immer wieder überrascht.

Gott ist mehr als pure Kraft, die in einem Universum voller geistiger Wesen herrscht. Gott ist der Schöpfer, aber nicht die Schöpfung. Das ist der wesentliche Unterschied: Obwohl wir in allen erschaffenen Dingen Gott entdecken können, ist das Erschaffene nicht Gott. Da er alles erschaffen hat, ist er der einzige, der unsere Zukunft kennt, und sie jederzeit beeinflussen kann.

Schon wieder reine Behauptungen und ein non sequitur. Es gibt keinen logischen Zusammenhang zwischen etwas Komplexes erschaffen und dessen Zukunft zu kennen oder beeinflussen zu können. Das sind zwei unabhängige Dinge, die einzeln belegt werden müssten – bis zum Nachweis des Gegenteils frei erfunden.

Wenn man Christen etwas genauer befragt, ziehen sie sich unweigerlich auf die Position mit pure Kraft und geistige Wesen oder etwas in der gleichen Kategorie zurück, weil sie noch nie eine Wechselwirkung eines Gottes mit der Welt belegen konnten. Diese Behauptungen haben für sie den Vorteil, dass sie nicht mehr widerlegt – aber auch nicht belegt – werden können.

Flut der Geister: Es ist interessant, dass die Bibel nirgends die Existenz von übernatürlichen Wesen leugnet. In biblischen Zeiten war Wahrsagerei Teil des Alltags. Viele standen in Verbindung mit übernatürlichen Mächten. Aber die Bibel lässt uns auch hierbei nicht in der Irrlehre, weil sie erzählt, dass diese Dinge nicht mit dem Willen Gottes übereinstimmen:

Wenn du in das Land hineinziehst, das der HERR, dein Gott, dir gibt, sollst du nicht lernen, die Gräuel dieser Völker nachzuahmen. Es soll bei dir keinen geben, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, keinen, der Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt, zaubert, Gebetsbeschwörungen hersagt oder Totengeister befragt, keinen Hellseher, keinen, der Verstorbene um Rat fragt. (5 Mose 18:9-11 EÜ)

Der allmächtige Gott könnte natürlich eine Welt erschaffen, in der diese problematischen Dinge nicht existieren. Wie geht das Moses-Zitat eigentlich weiter? Denn jeder, der so etwas tut, ist dem HERRN ein Gräuel. Wegen dieser Gräuel rottet sie der HERR, dein Gott, aus. Oh nein, Horoskop lesen ist ein Todesurteil? Nein, in der beobachtbaren Wirklichkeit nicht. Hat dieser Gott in seiner Schrift gelogen oder sich geirrt? Nein, die logische Erklärung ist: Es gibt ihn nicht und die Bibelschule hat schon wieder beim Manipulationsversuch versagt.

Hierauf folgt eine wirre Geschichte über einen Saul, der eine Totenbeschwörerin aufsucht, die ihm erklärt, dass er sterben wird. Die feindliche Armee, die bereits in der Nähe war (deswegen hat ja Saul um Rat angesucht), tötet ihn später, nach einigem Hin und Her. Diese Geschichte belegt also auch keine Todesstrafe als Folge der Inanspruchnahme von Wahrsagerei. Es passieren einfach zwei Dinge hintereinander.

Wir können diesen Saul einem späteren Paul aus dem gleichen Buch gegenüberstellen: Der behauptet steif und fest in seinen Briefen, all sein Wissen von einem Toten (Dschisös höchstselbst) auf übernatürliche Weise zu erhalten. Aber das ist natürlich was ganz anderes. Hat mit Totenbeschwörung gar nichts zu tun. Ganz klar keiner, der Verstorbene um Rat fragt. Er ist nur der zweite Mitbegründer der christlichen Religion, da ist es voll OK.

Jetzt kommen lange Ausführungen darüber, dass viele dieser esoterischen Dinge dazu dienen, die Angst vor dem Tod zu reduzieren. Eine dieser Ansichten ist die Reinkarnation, woran angeblich immer mehr Menschen glauben.

Der Tod ist die Folge unserer Sünden. Das lehrt die Bibel eindeutig. Aber sie verkündet auch, dass es eine Auferstehung und ein neues Leben gibt. Das ist grundlegend anders als die Reinkarnation. Als Jesus gekreuzigt wurde, starb er. Er lebte nicht in einer anderen Form weiter, sondern der selbe Jesus ist auferstanden, den seine Freunde kannten.

Auch hier: Diese zwei absurden Behauptungen stehen im Gegensatz zueinander. Aber durchs Ablehnen einer der Behauptungen wird die andere nicht automatisch wahr. Vielmehr sind beide falsch, bis zum Nachweis des Gegenteils.

Die Sicherheit, dass Gott uns angenommen und Jesus uns erlöst hat, gibt uns unglaubliche Freiheit.

Schon wieder eine komplett falsche Darstellung von Freiheit. Freiheit ist die Möglichkeit, über das eigene Schicksal selbst zu entscheiden. Die hier genannten Dinge haben mit eigenen Entscheidungen überhaupt nichts zu tun, sie sind angebliche frühere Entscheidungen obskurer Konzepte. Aber Christen werden so oft über Freiheit durch Gott angelogen, dass sie es irgendwann glauben.

Die Freiheit ist etwas sehr Wertvolles. Das wissen nicht nur Menschen, die im Gefängnis sind. Die Abhängigkeit von Drogen, Alkohol oder anderen Menschen schränkt unsere Freiheit ein. Auch die Angst macht uns zu Gefangenen. Das spüren besonders jene Menschen, die in Okkultismus geflüchtet sind.

Zum Beispiel in die vage Behauptung, mit einem Menschenopfer sei man vor 1990 Jahren von irgendwelchen ominösen Sünden irgendwelcher Vorfahren befreit worden? Aber noch nicht in diesem Leben, sondern irgendwann? Ja, das wundert mich nicht, wenn solche Vorstellungen Angst machen, insbesondere mit der Androhung schwerer Gewalt an allen Menschen (die Apokalypse ist für ChristInnen auch nicht lustig) und dann ewige Folter für die, die die unklar ausgedrückten Befehle missachtet haben, wobei man sich auch noch jene Abspaltung von Abspaltungen aussuchen muss, die die Befehle als einzige richtig deutet. Ein solches Gedankensystem reduziert die Freiheit des Menschen.

Seltsam, dass wir die Freiheit dort suchen, wo es am sichersten ist, dass wir sie verlieren.

Das ist jetzt eine sinnvolle Warnung vor christlichen Sekten mit naher Endzeiterwartung und einem umfangreichen Katalog von Dingen, die man nicht machen darf. Ein Dank an die Bibelschule, dass sie so ausführlich beschreibt, wie man die Freiheit verliert, wenn man sich dieser Gruppe anschließt.

Manchmal möchten wir einen Einblick in die Zukunft erlangen. Zum Beispiel bei den Lottozahlen. Wäre es nicht wunderbar, sie einige Tage vor der Ziehung zu kennen? Aber das gelingt leider nicht. Nicht einmal jenen, die behaupten, in die Zukunft schauen zu können.

Christliche ProphetInnen erzählen in den USA rund um die Uhr in eigenen Fernsehsendern von ihren Zukunftsvisionen. Ob man diesen oder einen anderen Aberglauben als Grundlage dafür nimmt, ist ziemlich egal, auch diese christlichen ProphetInnen scheitern nicht nur an der Zukunft, sondern oft auch schon an der Gegenwart – zum Beispiel, wenn sie seit anderthalb Jahren darauf beharren, Donald Trump sei der Präsident. Sie sind komplette Witzfiguren, die US-Versionen von Gerda Rogers.

Aber die Horoskope sind noch da! Sie erklären uns, ob dieser Tag unser Tag ist, ob die Sterne für die Liebe und das Geschäft gut sind. Aber was bedeutet das? Rat von den Astrologen zu holen bedeutet das Aufgeben der selbständigen Lebensentscheidungen. Der Mensch liefert sich der Steuerung von außen aus: Ich handle nicht mehr selbst, sondern die Sterne bestimmen, was ich tue.

Zitat aus dieser Lektion: Gott … ist der einzige, der unsere Zukunft kennt, und sie jederzeit beeinflussen kann.

Also was soll der Unterschied sein? Sterne gibt es wenigstens, auch wenn ihre behauptete Wirkung Humbug ist. Die behauptete Wirkung des schlecht erfundenen Gottes ist noch mehr Humbug.

Alles ist vorgegeben. Und je stärker ich auf den von den Sternen vorgegebenen Weg fokussiere, desto sicherer kann ich sein, dass das erwartete Unglück eintrifft. Die Psychologie kennt dieses Phänomen als selbsterfüllende Prophezeiung. Gott will keine solche Abhängigkeit. Obwohl er unseren Weg schon vor unserer Geburt kennt, hat er ihn nicht vorgegeben. Bei Gott haben wir die Freiheit.

Dieser Gott verspricht angeblich einen Weltuntergang, dem wir nicht entrinnen können. Das tun die Sterne nicht; jene Menschen, die sie für uns deuten, machen uns gar keine Vorgaben. Sie unterhalten jene, die dafür empfänglich sind, machen ihnen aber keine Vorschriften darüber, wen sie lieben dürfen, was sie glauben müssen und dass sie ihren Unsinn verbreiten müssen. Dieser Absatz der Bibelschule erklärt sehr gut, warum Astrologie wesentlich harmloser als der christliche Glaube ist.

In den Aufgaben am Ende der Lektion versteckt sich eine als Multiple-Choice-Frage getarnte Auflistung von Dingen und Konzepten, von denen man sich am besten fernhält:

Wir bekommen falsche Informationen und fragwürdige Hilfe von:

  • Horoskopen
  • Propheten
  • Gurus
  • Der Bibel
  • Den Gedanken des New Age
  • Spiritismus

Ich habe nach reiflicher Überlegung mit bestem Wissen und Gewissen alles angekreuzt. Das wird wieder Punkteabzüge geben.

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